21.02.2010 Sonntag

Zeit wieder die Räder rollen zu lassen. Lange Zeit hab ich nicht gewußt welche Richtung ich einschlagen sollte. Weiter rein ins Landesinnere oder weiter dem Küstenverlauf folgen. Schließlich hab ich mich für Letzteres entschieden. In der Gegend von Heroica Cardenas kam ich recht häufig an
sogenannten Autohotels vorbei, einer speziellen Art mexicanischer Drive In’s.

Zur Sache, Schätzchen

Dort fährt man mit Frau/Freundin/Geliebter/Dienstleisterin in eine Garage, der Vorhang wird zugezogen und dann heist es „Zur Sache Schätzchen“. Nur wenige dieser Autohotels bieten so freizügigen Blick auf ihre Appartements, bei den meisten ist der Blick auf den Innenhof elegant verwehrt. Dieser Art „Hotel“ bin ich schon öfter begegnet, aber nie so gehäuft wie hier in der Gegend. Es muß eine gewaltige Nachfrage geben, aber kein Wunder, man kann hier ja nicht so einfach hinter eine Hecke, es sei denn man liebt es besonders feucht …

Obwohl ich jetzt weiter im Landesinneren unterwegs bin, macht Tabasco seinem Ruf immer noch alle Ehre. Grüne Landschaft unter Wasser.

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Falscher Wasserbüffel
Fernsicht

Bei La Venta erhebt sich aus der flachen Landschaft ein „Hochebene“, auf den die Strasse hoch führt. So bietet sich mal ein weiterer Blick über die Landschaft, aber man sieht auch nur sofort wieder Wasser.
In La Venta gäbe es die erste Olmekensiedlung zu bestaunen. Ich fahr dran vorbei, den zuerst sind nur grüne Hügel zu sehen und die eigentliche Anlage soll erst dahinter beginnen und sehr weitläufig sein. Bei den heute wieder herschenden Temperaturen möcht ich mir das in voller Montour nicht antuen. Auch ich bin ja manchmal in der Lage, aus bereits gemachten Erfahrungen Schlüsse für die aktuelle Situation zu ziehen. Außerdem wird das sicher nicht die einzige Olmekensiedlung sein die bestau nt werden kann.

Kurz hinter La Venta ist die Grenze von Tabasco zu Veracruz. Wieder „Zollstation“ und reichlich Soldaten, doch die müssen wohl grad irgendeine Entscheidungsschlacht auf ihren Handys schlagen. Für Kontrollen ist da – zum Glück – keine Zeit.

Erste „Berge“

Hinter Minatitlan verändert sich die Landschaft. Recht hohe Hügelketten zwingen die Strasse bergauf und zu Kurven. Die Palmen werden durch Bananenstauden verdrängt und irgendwie hat man das Gefühl in einem anderen Mexico angekommen zu sein. Alles wirkt viel aufgeräumter und gepflegter. In den Dörfern wohnen auch die ärmeren Leute nicht mehr so im eigenen Dreck und die vorher häufig anzutreffenden Müllhalden am Strassenrand vermiss ich nicht wirklich. Nicht das es die und Dreck in Dörfern und Städten nicht mehr gäbe, aber wenn, dann lange nicht mehr in so drastischem Ausmaß wie vorher.

An einer Tankstelle versucht eine kleine, wirklich schnuckelige Tankwartin beim Benzinfassen vergeblich den Füllstand zu erspähen. Ich nehm ihr den Zapfhahn ab, mach voll und zahle. Sie kann sich jetzt dem neuen Kunden an der anderen Seite der Zapfsäule widmen. Das macht sie auch kurz und kehrt sofort wieder auf meine Seite zurück. Während ich mich zur Weiterfahrt fertig mach, ist sie so hin und weg, das sie überhaupt nicht merkt das der andere Kunde schon mehr als nur ungeduldig mit den Hufen scharrt. Doch ihre sehnsuchtsvoll, bewundernden Blicke galten nicht mir, sondern eindeutig der Kawa. Schon merkwürdig welch seltsamen Geschmack manche Frauen doch haben.

Da unten bleib ich die nächsten Tage

Die Straße führt in weiten Bögen bergan, dann wieder bergab und gibt einen wunderschönen Ausblick frei. Mein Etappenziel hab ich doch richtig gewählt. In Catemaco soll es ein Restaurant mit Zeltplatz geben, mit Strom- und Wasseranschluß für jeden Stellplatz. Hört sich gut an und das Restaurant ist auch schnell gefunden, doch der Zeltplatz ….. da könnte man genau so gut mitten auf der Plazza zelten und von Strom- und Wasseranschlüssen ist auch keine Spur zu entdecken. Also heißt es wiedermal ein Hotel suchen. Hotels gibt es mehr als reichlich, denn Catemaco ist ein Urlaubsort der Mexicaner, dafür aber reichlich teuer. Werden sich nur betuchtere Mexicaner leisten können. Dazu gehöre ich nicht. Es dauert daher eine Weile bis ich ein in mein Geldbeutel passendes Hotel, recht weit entfernt vom Stadtzentrum, finde. Kleines Zimmer, quietschender Ventilator, Bett, Stuhl, Bad akzeptabel, baulicher Zustand naja. Kosten 200 Peso. Ich buche zwei Nächte, denn in der Umgebung soll es einiges zu entdecken geben – vielleicht ja auch nur eine andere Unterkunft, denn es erstaunt mich immer wieder welche gewaltigen Qualitätsunterschiede bei fast gleichem Preis im Hotelgewerbe usus sind. Das betrifft nicht nur Mexico, sondern nach meiner Erfahrung auch Europa.

Wird Zeit das das mal Weltweit mit eindeutigen Qualitätsmerkmalen und Standards geregelt wird, denn das Sternesystem kann man ja den Hasen geben. Wär doch wiedermal ein Betätigungsfeld für die EU-Bürokratie mit Weitergabe der ausgearbeiteten Gesetze, Durchführungsverordnungen, Richtline, Prüf- und Vergabekriterien etc. an die UNO.

22.02.2010 Montag

Heute wird der erste Ausflug in die Umgebung gemacht. Das südliche Seeufer wartet darauf erkundet zu werden. Möglicherweise ist sogar eine komplette Seeumrundung möglich, die Strassenkarte läßt darüber keinen rechten Aufschluß zu.
Um den Abzweig zum Seeufer zu erreichen muß ich wieder ein Stück zurück in der Richtung aus der ich gestern gekommen bin. Etwa 4 km außerhalb der Stadt fällt mir das Schild eines Restaurants auf, auf dem etwas von RV-Park steht und ein Zelt abgebildet ist. Nichts wie hin und nachschauen.

Man darf einfach nicht aus der falschen Richtung kommen
Da gibt es sicher Camper
Ausblick vom Campingplatz

Auf der Wiese neben dem Restaurant steht tatsächlich ein Wohnwagen und auf dem Parkplatz davor ein Van mit kanadischem Kennzeichen an dem ein Mann rumwerkelt. Mit ihm komm ich gleich ins Gespräch. Er erzählt mir das er seit drei Monaten hier ist und dem Besitzer hilf hier einen Campingplatz auf die Beine zu stellen, aber alles gehe halt mexicanisch Geruhsam und kaum unter wirklich „money making“ Gesichtspunkten. So habe er dem Besitzer schon mehrfach geraten die Beschilderung zu verbessern, aber auf der einen Seite ist halt das was ich zufällig entdeckt hab und auf der Anderen immer noch nichts. Dusche und WC gäbe es aber inzwischen und ich sei herzlich willkommen. Die Lage über dem See und der Ausblick ist klasse und Schatten gibt es auch. Logisch das ich daher morgen aus dem Hotel ausziehen werde.

Landkarte

Steve, so heist der Kanadier, zeigt mir noch eine auf die Restaurandwand gepinselte Karte der Umgebung. Wie genau und richtig die ist weis er zwar nicht, aber sie ist allemal besser als meine Strassenkarte, nur leider kann ich sie nicht mitnehmen.
Die eingezeichnete Abzweigung nach La Victoria stimmt immerhin schon mal und dann kann ich nicht viel falsch machen. Hinter La Victoria wird der Asphalt immer löchriger und schließlich wird es eine reine Erdstrasse. Wenn es stark geregnet hat möchte ich hier nicht langfahren müssen, denn die paar Schlammlöcher die es jetzt noch gibt reichen mir völlig.

Schönes Anwesen am Wegrand
Fußballfan
Bei der Arbeit
Endstation

Aber im Großen und Ganzen läßt sich die Strecke wie auf Asphalt fahren, führt durch Wald, zwei winzige Dörfer und einsam gelegenen Häusern vorbei. Nichts besonderes, aber trotzdem hübsch. In Mimiabva ist dann tatsächlich Schluß, die Strasse endet direkt beim Wasser. Mein Versuch doch noch weiter zu kommen endet an einem steinigen Fußpfad der steil den Berg hoch führt. Sicher etwas für Hardcore-Enduristen, aber nicht für mich. Also umkehren und das andere Ufer unter die Räder nehmen. Wie ich dahin find und richtig durch Catemaco komme hat mir Steve erklärt.
Wenn man etwas weis ist es meistens einfach und so find auch ich meine Weg nach Nanciyaga. Die Strasse ist extrem schlecht und Wolken- oder Nebelschleier hängen plötzlich in der Luft. Es wird feucht und schlagartig eiskalt. Kurz vor der Stadt kommt die Sonne wieder durch und deren Wärme tut gut. Nach Amayage geht die extrem schlechte Teerstrasse in eine ebenso schlechte Erd- und Steinstrasse über. Mehrere Rinnsale müssen über Brücken oder durch Betonwannen überquert werden, deren Ränder 10 bis 20 cm über der Strasse sind und Schlammlöcher davor oder dahinter. Ich hör häufig den Hauptständer aufschlagen. Das Ding hängt einfach zu tief und ist auch sonst eine Fehlkonstruktion. Mein Dank geht daher an dieser Stelle an SW-Motech.
Die Abzweigung nach Ej. Lopez Mateos verpass ich. Dort oben in den Bergen soll ein Schweizer leben der sich immer über Besuch freut. Einfach nach Sachsa fragen hat mir Steve erklärt. Würd ja gern hin, aber auf dem Rückweg hab ich’s total vergessen. Bin halt nicht nur lernresistent, sondern auch noch vergesslich.

Während ich so die Strasse entlang holpere und froh bin eine Enduro unter mir zu haben, kommen mir ab und zu Einheimische auf ihren Strassenhundertfünfunzwanzigern mit einem Affenzahn entgegen. Die haben keine Schutzkleidung an, keine Endurostiefel sondern Halbschuhe oder Sandalen an den Füssen, häufig nicht mal einen Helm auf und die Moppeds auch keine aufgroßartigen Federwege. Ich komm mir total Overdressed vor, bin aber trotzdem ganz froh drüber und auch darauf, nicht mit dem ganzen Gepäck unterwegs zu sein.
Bis las Margaritas dring ich vor, zum Wasserfall läge noch ein ca. 2 km langer Fußmarsch vor mir. Ich verzichte und versuch es über B. Jvarez. Über große Steinbrocken geht es den Berg hoch. Die Aussicht ist prima. Vorher hat man nur links und rechts Wald gesehen oder einen kurzen Blick auf’s Seeufer erhascht.

Bei B. Jvarez

B. Jvarez ist wie ausgestorben und besteht nur aus einer handvoll Hütten und Häuser. Aber mehrere Wege führen steil den Berg hinauf. Ausgeschildert ist natürlich keiner. Weder zur Cascade noch nach XYZ um den See herum. Da es eh schon Spätnachmittag ist hoppel ich den Berg wieder runter und zurück nach Catemaco. Nach Nanciyaga hängt der kalte Nebel immer noch über der Strasse, aber es ist zum Glück ja nur ein kurzes Stück.

In Catemaco fahr ich an einem Schild Autolavada vorbei. Von den Regenfahrten der vergangenen Tage und den Schlammlöchern heute ist die KLR ganz schön dreckig, also bieg ich ab auf den Waschplatz. 25 Peso soll das Säubern des Moppeds kosten und ich muß es nichtmal selber machen. Schon pervers, während ich im Schatten sitze wird mein Motorrad erst ganz gründlich abgespritzt, dann von Hand gewaschen, abgetrocknet und dann mit amor all eifrig poliert. Ich schreite ein, als damit auch noch die Reifen behandelt werden sollen.
So gründlich hab ich meine Moppeds schon lange nicht mehr geputzt. Soll ich dafür meine Anderen auch noch über den Teich holen ??

Vorwaschgang
Handhauptwäsche

23.02.2010 Dienstag

Heute ist Umzugstag. Der wird ganz gemütlich angegangen, denn es ist eh ziemlich bedeckt und kühl. Gut so, da werd ich beim Zeltaufstellen und Einräumen nicht so ins Schwitzen kommen.
Als ich zum Zeltplatz komme ist Steve nicht da. Keine Ahnung wer hier das Sagen hat. Alle Mexicaner die neugierig herbeiströmen zeigen bei meinen Fragen nur auf den Wohnwagen und meinen ich solle mich an Jose wenden, wenn ich schon mit Jose gesprochen hätte wär eh alles in Ordnung. Mit Jose müssen sie wohl Steve meinen, denn der haust in dem Wohnwagen. Also fang ich an ganz geruhsam das Zelt im Schatten eines Baumes auf zu bauen.
Ich bin damit noch garnicht fertig, da kommt Steve und bestätigt das sie ihn hier Jose nennen. Er ist ganz erstaunt das er hier das Sagen haben soll. Er meint die Mexicaner müssten endlich mal lernen selber klar zu kommen, denn ewig bleibt er ja auch nicht hier. Aber alles klar, er macht mir erstmal einen Kaffee und während ich weiter aufbau und einräum wird nebenher palavert.

Zum ersten Mal in Mexico aufgestellt

Die Temperatur ist angenehm und der Platz günstig, also beheb ich das was mich schon seit langem stört. Der NTC den ich aus meiner Bastelkiste als Temperatursensor ausgegraben hab, hat natürlich nicht die richtige Widerstandskennlinie und so bewegt sich der Zeiger für die Kühlwassertemperatur immer am Rand oder im roten Bereich. Das vermittelt nicht gerade ein beruhigendes Gefühl.
In Merida hab ich mir daher schon ein Sortiment Widerstände besorgt um die Anzeige anzupassen. Um einen Vorwiderstand vor den NTC einbauen zu können muß natürlich die ganze Karre gestript werden. Der Tag und der Ort eignen sich dafür Bestens. Angefangen wird mit 6,8 Ohm und dann geht es auf Testfahrt. Super, wenn der Lüfter angeht erreicht der Zeiger grad den roten Bereich, bei normaler Betriebstemperatur ist er etwa auf 2/3 der Skala. Testfahrt erfolgreich, zurück zum Campingplatz und alles wieder dranschrauben.

Der Rest des Tages wird verquatscht und Abends fahren wir mit dem Van nach Catemaco zum Essen.

24.02.2010 Mittwoch

Die Nacht war verdammt kalt und ich hab mir im Zelt einen abgeklappert. Optimistisch – oder dumm – wie ich bin, hab ich meinen Schlafsack garnicht erst ausgepackt, sondern nur das Leineninlett, denn im Zelt ist es ja sicher warm. Doch in der Nacht kam ein eiskalter Wind auf (genannt: de Norde), der auch den ganzen Tag über anhielt und die Tagestemperatur nicht über 16 Grad ansteigen lies.
Natürlich hatte ich auch meine Stirnlampe nicht ausgepackt, so daß ich beim Kramen nach dem Schlafsack im Dunkeln sicher den Kältetod gestorben wäre. Deshalb blieb ich lieber liegen und hab alle Klamotten die im Zelt herumlagen auf mich draufgestapelt. Das half etwas gegen die Kälte.
Zum Frühstück hat mich Steve in seinen Wohnwagen eingeladen. Das wahre Paradies. Heizung und Kaffee.
So wurde der ganze Vormittag im Wohnwagen verbracht.

Steve inkognito

Steve ist ein fünfzigjähriger Frankokanadier aus Quebec. Er war elf Jahre in der Armee, davon 4 Jahre in Lahr. Er spricht aber so gut wie kein Wort deutsch, weil er zwei Jahre brauchte um das Bild das er von den Deutschen hatte aus seinem Kopf zu bringen und dann keinen Sprachkurs mehr bekam. Auch Englisch ist für ihn eine  Fremdsprache, aber aus irgend einem Grund hasst er Quebec und bezeichnet Französisch als Sprache der Könige. Da er kein König ist, will er diese Sprache auch nicht sprechen. Aus diesem Grund war er während seiner Zeit in Lahr auch so gut wie nie in Frankreich. Er hat in manchen Dingen etwas seltsame Ansichten, aber in dieser Hinsicht passt er ja bestens in Ingolfs verschrobener Weltsicht.

Am Nachmittag verbring ich fünf fröstelnde Stunden, aber anderthalb davon sehr happy, im Internetkaffee. Dann wird die Infrastruktur des Zeltes den Umweltbedingungen angepasst, Abendessen im Wohnwagen gefasst und um 21 Uhr pack ich mich in den Schlafsack.

25.02.2010 Donnerstag

Die Nacht war deutlich angenehmer als die vorherige. Nur das Steve um halb acht lautstark frägt, ob ich den Kaffee im Zelt oder draußen nehmen will, stört etwas. Eigentlich wollt ich heute die Ruhe genießen und etwas länger schlafen. Nach anstrengendem Nachdenken entschließ ich mich dann für draußen.
Es ist immer noch ziemlich kalt und der Himmel sieht nach Regen aus. Den ganzen Tag weis das Wetter nicht so recht was es anstellen soll, ich deshalb auch nicht.
Als sich die Wolken etwas verziehen und es wärmer wird, geh ich runter zu See, lauf am Ufer entlang und schau mir Steve’s Traumhaus an (Fotoapparat hab ich natürlich wiedermal nicht dabei, ab ich lerns noch, weis allerdings nicht wann), hack etwas auf der Tastatur herum, etwas Smalltalk mit den Mexicanern ringsum, am frühen Abend mit Steve in die Stadt um sich etwas Pollo mit Beilagen in den Mund zu schieben und so wird dieser Tag mit angenehmen Nichtstun, etwas fröstelnd (hab den ganzen Tag meine Fliesjacke an !!) rum gebracht.
Leider hat mein kleiner Alleskönner seinen Geist aufgegeben – wahrscheinlich kein Saft mehr – daher kann ich euch heute nicht mit Temperaturangaben dienen, die euch neidisch machen würden, mich aber frösteln lassen.

26.02.2010 Freitag

Gestern Abend ist Steve’s kanadischer Nachbar Victor angekommen. Mit ihm will er für 4 Wochen durch Oxaca und Chiapas fahren. Victor ist 84, war vorher vier Wochen auf Cozumel und ist mit dem Bus nach Catemaco gefahren. 19 Stunden hat das gedauert – ich hab fast vier Wochen gebraucht. Sollt ich vom Mopped auf den Bus umsteigen ?? Bei meiner Reisegeschwindigkeit schaff ich ganz Mexico niemals in 5 Monaten.
Natürlich hat beim Abholen von Viktor der allseits beliebte Murphy zugeschlagen. Steve ist um 18 Uhr nach San Andres Tuxtla (8 km) gefahren, da der ADO-Bus dort um 18:30 Uhr ankommen und angeblich in Catemaco nicht halten würde, Victor war um 13:30 Uhr in Catemaco. Beide haben sich an verschiedenen Orten hergewartet….
Victor kam kurz nach 18 Uhr auf den Campingplatz. Nachdem ihm die Warterei zu lang wurde hat er mit einem Taxi sämtliche Restaurants abgeklappert, da er nicht mehr wußte wie das Restaurant heist bei dem der Campingplatz ist.

Da heute das Wetter wieder sehr kühl, windig und wechselhaft ist, hab ich Steve’s Angebot mir und Victor die Stadt und nette Plätze in der Umgebung zu zeigen gern angenommen. Bis wir endlich loskamen wurde es allerdings Nachmittag, denn Steve lies zuerst Ölwechsel an seiner Karre machen und musste danach noch den Murks des Mechanikers korrigieren.

Catemaco ist Mexicos Zentrum der Hexen und Schamanen. Da Steve in seiner dreimonatigen Anwesenheit hier genügend Hexen kennengelernt hat – zumindest behauptet er das – ist sein Van entsprechend bemalt, ebenso mit Namen von Guten und Bösen und Sonstigem verziert.

Unauffälliges Fahrzeug
Catemaco – Kirche Innen

Natürlich ist der Van (und er) in ganz Catemaco bekannt wie ein bunter Hund und zum Ausgleich des gesamten Hexenwerks besichtigen wir erstmal die Kirche und bitten um Absulution. Danach geht es durch mehrere „angesagte“ Kneipen, schließlich zu ein paar schönen Stellen am See und dann zum Einkaufen.
Am Abend kochen wir gemeinsam (Kartoffeln, Steak, Salat), palavern danach noch etwas und gehen recht früh in die Waagrechte über.

27.02.2010 Samstag

Heute scheint sich das Wetter darauf zu besinnen das ich in Mexico bin. Zwar noch recht frisch, aber strahlend blauer Himmel. Also beste Voraussetzungen um den lange fälligen Ausflug zum Meer zu machen.
Die Strecke von Catemaco nach Santecompan macht richtig Spaß. Zunächst geht es kurvig bergauf und dann nach Santecompan genau so kurvig bergab. Schlaglöcher sind relativ selten, aber wegen Dreck in den Kurven ist doch etwas vorausschauende Fahrweise nötig. Wegen des dichten Baum- und Buschwerks auf beiden Strassenseiten ist von der Landschaft leider nicht viel zu sehen. Santecompan an der gleichnamigen Laguna ist ein recht aufgeräumter Ort, mit weit auseinander liegenden Häusern und offenbar auf viele Kurzzeitbesucher eingerichtet. Die große Anzahl von Futterstationen läßt zumindest darauf schließen.
Kurz nach La Palma bieg ich ab La Barra, dem Ort an Lagune und Meer. Der Teer wird sehr löchrig, hört dann ganz auf und wird dann die nächsten 8 Km wellblechartig und sandig. Ein in mehrere Einzelteile zerfetzter Hund über den sich geierartige Vögel hermachen liegt auf der Strasse. Kein sehr schöner Anblick.

Lagune Santecompan
Strand von La Barra
Restaurant und Cabanas

Der Ort La Barra besteht aus ein paar traurigen Hütten und einer Reihe von Restaurants mit Cabanas am Strand. Los ist allerdings nirgends etwas. Da mich die Sandstrecke doch etwas ins Schwitzen gebracht hat, gönn ich mir eine frisch gemachte Limonenlimonade.
Inzwischen ist es stark bewölkt, windig und als ich mich wieder auf’s Motorrad schwing fallen die ersten Tropfen. Jetzt aber Gas, denn ich hab keine Lust auf eine Schlammpackung. Der Himmel hat ein einsehen und hält sein Wasser (noch) zurück.
Richtung Montepio geht es zunächst wieder den Berg hoch, kurz wird der Blick auf’s Meer frei gegeben, dann geht es über eine sehr holprige Steinstrasse bergab.

Bucht von Montepio

Der Himmel verheißt nichts Gutes und ich steh vor der Frage weiter, oder zurück ?? Ich entschließ mich für weiter, zumindest solange ich Teer unter den Rädern hab, bzw. bis zu den Cascadas los Gemelas will ich noch kommen.
Das Wetter hat ein einsehen, denn es tröpfelt ab und zu nur leicht, allerdings geht ein kräftiger, kalter Wind. Die Cascadas sind Ausnahmsweise mal ausgeschildert. Es geht eine holprige Erdstrasse den Berg hoch. Ein kleines, gepflegtes Dorf kommt und überall in verschiedene Richtungen zeigende Schilder „Cascadas“. Ich halte an und bin zunächst etwas ratlos, doch dann winkt mir ein Motorradfahrer denn ich zuvor überholt hab, ihm zu folgen. Wir biegen ab auf eine Wiese, fahren an ein paar Häusern vorbei und halten vor dem letzten. Daneben hängt ein Schild „Cascadas 10 Pesos“ und Treppen führen nach unten.
Er bietet mir an das Motorrad unter das Vordach des Hauses zu stellen, doch ich lass es auf der Wiese stehen und gehe runter zu den Cascadas.

Cascadas
Wo der Wildbach rauscht

Als ich unten bin versteh ich. Es ist ein Wildbach der da mit kleinen Wasserfällen zu Tal rauscht und jeder der einen Zugang zu einem dieser Wasserfälle angelegt hat, hat natürlich auch ein Schild zu „seiner“ Cascade.
Beim Aufstieg fängt es an zu regnen und als ich oben bin, giesst es wie aus Kübeln. Das Motorrad ist mit einer Plastikplane abgedeckt, ich flüchte mich unter das Vordach und bekomme ein paar Bildbände auf den Tisch gelegt. Einer der Bildbände bietet wunderschöne Aufnahmen des Bundesstaates Veracruz, auch von der Gegend in der ich grad rumfahr. Es überrascht mich nicht das fast alles Luftaufnahmen sind, denn durch das dichte Grün links und rechts der Straßen hat man kaum eine Chance etwas auf’s Bild zu bannen.
Etwa eine Stunde verbring ich unter der Veranda bevor der Regen aufhört. Wieder auf der Teerstrasse, komm ich mitten in der Pampa an kopulierenden Echsen aus Beton vorbei.

Richtig abgefahren
Tradition und Moderne

Daneben wird aus Palmenstämmen ein Haus im traditionellen Stil gebaut. Würde sich als Kassenhäuschen für die Besichtigung der Betonechsen anbieten, denn die sind sicher mindestens so sehenswert wie die Cascadas.

Das sehen die Echsen
Bei Tapalpa

Die dunklen Wolken behalten ihr Wasser nicht. Umkehren bringt jetzt auch nichts mehr. Bevor ich gänzlich durchgeweicht bin, zwäng ich mich in die Regenklamotten. Gibt auch gleich viel wärmer, denn etwas sehr frisch ist es schon.
Vor Tapalpa hört der Regen auf und die Sonne kommt wieder durch. Trotzdem behalt ich die Regenkleidung noch an, denn frisch ist es immer noch. Von ihr trenn ich mich hinter Santiago Tuxla, denn so ganz allmählich ist es wieder richtig warm geworden.
Zwischen Tapalpa und Santiago Tuxtla ist die Zuckerrohrernte voll im Gange. Auf den Feldern sind Arbeitskolonnen mit Macheten am Werk und die Lastwagen werden so hoch wie möglich beladen. An den Topes fällt dann runter und die Strasse ist voller Zuckerrohr.

Zuckerrohrtransport

Normalerweise wird in Bergen aus Steinbrüchen Material geholt, aber hier bestehen die Berge vorwiegend aus Lös und so gibt es vor Santiago Tuxtla solche Bilder vom Abbau.

Lösabbau
Blick auf Santiago Tuxtla

Zwischen Santiago Tuxtla und San Andres Tuxtla reiht sich auf 13 Kilometern Kurve an Kurve. Zum Ausgleich für diesen Fahrspass ist die restliche Strecke bis Catemaco dann öde und eine Ansammlung von Topes.

Als ich auf den Campingplatz komm, haben Steve und Victor den Wohnwagen schon auf den Vorplatz gestellt und alles reisefertig zusammen gepackt. Morgen Früh wollen sie nach Oxaca aufbrechen.
Sie sind ganz erstaunt das ich was von Regen erzähle. In Catemaco war es zwar zeitweise bedeckt, aber den ganzen Tag trocken. Der Sohn des Campingplatzbesitzer meint, dann kommt der Regen sicher in der Nacht. Ne, darauf verzicht ich gern.
Steve und Victor fahren in die Stadt, ich bleib auf dem Platz. Nach zwei Stunden wird mir aber langweilig und ich hör Musik einer Band aus der Stadt schallen. Tanzt da der Bär ? Trotz anbrechender Dunkelheit fahr ich los. Der Bär tanzt wirklich, aber im großen Hotel am Stadtrand, macht nix, weiter zur Plazza. Dort ist der übliche Wochenendrummel und eine Band spielt auch. Da sie „unplugged“ spielen, geht ihr Geschrummel im allgemeinen Lärm unter. Nicht schad drum.
Nachdem ich eine ganze Weile das Treiben um mich herum angeschaut hab, werd ich von einem gut englisch sprechendem Mexicaner längere Zeit in ein Gespräch verwckelt. Er wurde von Siemens für ein Jahr nach Graz geschickt und vor dem Winter in Österreich grausts ihn noch heute.
Danach brauch ich erst mal einen Kaffee, aber das Artesania Cafe hat geschlossen. Dann halt zum Mopped und zurück zum Zelt. Auf dem Weg zum Mopped komm ich am Bikers Point vorbei. Dort hocken Steve und Victor auf der Veranda. Ich bleib nicht unentdecktund werd hinzittiert. Kaffee gibt es nicht, also nehm ich halt ersatzweise ein Bier.

Steve spielt mit dem Besitzer von Bikers Point (der fährt eine Harley) und einem anderen Mexicaner Domino, Victor quatscht mit Benedikt. Benedikt stammt aus Antwerpen, spricht flämisch, französisch, italienisch, spanisch, englisch und deutsch, d.h. er kann sich praktisch mit jedem unterhalten der in Catemaco auftaucht. Muß er auch, denn er lebt seit 18 Jahren dort und verdient seinen Lebensunterhalt als Heilpraktiker. Da ist jeder Tourist ein potentieller Kunde. Auch mir bietet er gleich seine Dienste an. Falls ich Rückenschmerzen hätte, könnte er sie kurieren. Hab ich tatsächlich seit ein paar Tagen, aber woher weis er das, doch auch ein Schamane ?
Später kommt noch Christian, ein Arzt aus Zürich der mit einer Mexicanerin verheiratet ist und seit 15 Jahren hier lebt. Er empfiehlt mir für morgen eine Tour mit ordentlichem Offroad-Anteil. Damit ich sie auch finde malt er mir eine kleine Karte und erklärt mir den Einstieg in San Andres Tuxtla.
Neben seinem Job als Arzt ist Christian nebenbei Whiskeybrenner. Er brennt Mais und Malz. Das Ergebnis verkauft er an den Besitzer vom Bikers Point und dieser seinen Gästen.
Victor probiert ein Glas. Ich nippe mal dran. Riecht und schmeckt eher nach Cognac und ist sehr mild, weit entfernt von dem was ich als Whisky kenne.
Nach dieser Probe schwing ich mich auf’s Mopped, fahr noch zum Tanken und als ich auf dem Zeltplatz auftauch ist der Van schon da. Victor & Steve haben schon gedacht ich hätte mich in der Dunkelheit verfahren. Ich hab zwar wirklich nicht viel gesehen weil der Scheinwerfer in den Himmel strahlt, aber für den Heimweg hat’s gereicht.

28.02.2010 Sonntag

Die Nacht war nicht wirlich erholsam. Kaum war der Lärm der Fiesta vom Hotel verstummt, ging der Lärm auf dem Parkplatz vom Restaurant los. Etliche der Fiesabesucher hatten den sonst Nachts sehr ruhigen Platz auserkohren um im Auto noch etwas weiter zu feiern. Mindestens fünf Autos müssen es gewesen sein, denn aus jedem dröhnte die Musik in voller Lautstärke. Natürlich aus jedem Andere …

Gegen sechs Uhr schlief ich endlich richtig ein, aber nicht lange, denn um sieben gingen Steve und Victor zu Werke. Nachdem etliche Weiterschlafversuche scheiterten gab ich auf und kroch aus dem Zelt. Wenigstens hatten die Zwei gleich einen heißen Kaffee für mich.

Reisefertig
Steve & Victor

Als wir dann unsere emailadressen austauschen wollen, stelt Steve fes das sein Schlepptop weg ist. Er hat ihn immer im Van hinterm Fahrersitz liegen und nimmt dauernd Leute mit. Irgendwer muß sich beim Aussteigen den Schlepptop gekrallt haben. Steve nimmt den Verlust erstaunlich gelassen hin.

Gegen acht Uhr fahren sie ab und ich fahr zunächst in die Stadt um ein Internetcafe auf zu suchen. Alle haben noch geschlossen, komisch, gibt sonst immer eines mit 24 Stunden Öffnungszeit. Warten oder zuerst auf Tour. Es ist zwar noch ein bißchen frisch, aber ich entschließ mich trotzdem für die Tour, denn es ist (noch ?) strahlend blauer Himmel.
Dank der Beschreibung von Christian find ich in San Andres Tuxtla die Straße zur Laguna Encantada. Ausgeschildert ist natürlich nichts. Aber weder von der Laguna, noch vom Vulcan de San Martin seh ich etwas. Christian hat gesagt das Waldwege hinführen, aber welche ? Nach etlichen Fehlversuchen fahr ich weiter die Straße bergauf. Vielleicht hat man ja irgendwann freie Sicht in die Gegend. Aber das ist nicht, dafür geht der Strassenbelag von Asphalt in Steinplatten über und bald darauf in eine von Geröll durchsetzt Erdstrasse. Es geht ziemlich heftig, aber gut fahrbar bergab.
In Perla des San Martin muß ich fragen wo es weitergeht. Die „Strasse“ die ich eingeschlagen hab führt direkt nach Catemaco, aber ich will nach Mario Zavza, denn von dort soll man eine wunderschöne Aussicht auf die Lagune Santecompan haben. Mir wird der richtige Weg durch’s Dorf erklärt und danach kann ich mich nicht mehr verfahren, denn weitere Wege gehen nicht ab.

Küstenlinie und Lagune Santecompan

Man hat tatsächlich eine schöne Aussicht auf die Küste und die Lagune, doch leider ist wieder etwas trüb und deshalb mit der Fernsicht nicht so toll. Während eines Photohalts rast eine Honda XLR an mir vorbei, der Fahrer in voller Crossmontur. Kurz darauf folgt ein Quad, auch dessen Fahrer im sportlichen Outfit. Der Quadfahrer wendet, erzählt mir das sie vom Offroadclub San Andres Tuxtla sind und lädt mich ein mit ihnen mit zu kommen. Ich lehne dankend ab, denn während unseres Gesprächs sind drei weitere Quad und ein Hondafahrer an uns vorbei gerauscht und das eindeutig einige Spuren zu schnell für mich. Er gibt mir einen Aufkleber, verabschiedet sich und rauscht ab.
Wer mal in die Gegend kommt und sich der Herausforderung gewachsen fühlt: www.offroadsur.com.mx. Die Jungs kennen sicher ein paar interessante Strecken.

Mario Zavza ist ganz sicher keine Perle unter den Dörfern Mexicos, aber die Abfahrt hinunter hat es in sich. Es ist noch garnicht so lange her, da wär ich sowas nicht gefahren. Mehrere Wege führen aus Mario Zavza raus, ich fahr zuerst mal gradeaus durch und frag einen entgegenkommenden Eseltreiber nach dem Weg nach Dos Amates. Da muß ich zurück und dann nach links, aber wenn ich den Anderen hinterher will, die sind hier durch. Nein danke, was ich bisher Offroad zu fahren hatte reicht mir an Schwierigkeitsgrad und der Weg nach Dos Amates wird auch nicht einfacher. Ich bin dankbar das es heute nicht zu heiß ist, denn sonst hätte der Wasservorrat den ich dabei hatte nicht ausgereicht.

Kurz nach 14 Uhr bin ich wieder in Catemaco und lauf direkt ein Internetcafe an, aber no chance, jeder Platz besetzt. Beim Nächsten ebenso. Sonntagnachmittag scheint die gesamte Jugend Catemacos und Umgebung in Internetcafes zu sitzen. Es wird drei Uhr bis ich einen freien Platz finde und das auch nur weil dort der Computer kaputt ist und ich meinen eigenen dabei hab. Fairerweise will er dann für die zwei Stunden auch nur 4 Peso. Bei der heutigen Nutzerzahl war die Netzgeschwindigkeit aber auch äußerst bescheiden.

Wieder zurück auf dem Campingplatz hab ich mich erstmal aufs Ohr gelegt um den versäumten Schlaf nach zu holen. Das klapte aber auch nicht so recht, da die Kinder aus der Umgebung jetzt Ersatz für Jose (Steve) suchten.

Nachbarschaft:

Restaurant Mirador
Kirche und Dorfhäuser
Panaderia
Dahinter
10. Catemaco