01.03.2010 Montag

Theoretisch steht das Zelt ja an einem ruhigen Plätzchen. Aber mal wieder eine Nacht durchschlafen können wär auch nicht schlecht. Gegen 3 Uhr kam ein derartiger Wind auf, das ich froh war als Sandsackersatz im Zelt zu liegen. Manchmal waren die Böen derartig heftig das ich befürchtete mitsamt Zelt davon geweht zu werden. Aber im Gegensatz vom de Norde am Mittwoch war diesmal der Wind ganz warm. Trotzdem hat er mich einige Zeit vom Schlaf abgehalten.
Um 7 Uhr war ich wieder wach, soll ich, soll ich nicht ? Um halb acht bin ich halt doch rausgeklettert, alles zusammengeräumt und auf’s Mopped gepackt. Dann ins Restaurant auf einen Kaffee und danach ab. 9 Uhr! Das ist für mich absoluter Rekord von einem Campingplatz aus an den Start zu gehen. Normalerweise schaff ich das sonst erst gegen 11 Uhr. Ziel ist heute Cordoba, aber natürlich nicht auf dem kürzestem Weg, sondern mit etwas hakenschlagen quer durch’s Land.

Zunächst geht es auf die bekannte Strecke nach Santiago Tuxla. Dort wird mit nur einmaligem Verfahren der richtige Weg gefunden. Die Gegend ist mässig hügelig, Kurven werden eher rar, ebenso wie größere Ansiedelungen. Selbst wenn diese mal über ein Ortsschild verfügen, so ist es völlig müßig diese auf der Karte zu suchen.

Flach und heiß
Symbiotische Pflanzung

Schon bald weichen die Hügel einer weiten Ebene und es wird gnadenlos heiß. 34 Grad sagt mein kleiner Alleskönner (er tut zum Glück wieder), so heiß hab ich es jetzt schon lange nicht mehr erlebt. Verkehr ist so gut wie keiner, der Straßenbelag recht gut, also ordentlich Gas geben damit der Fahrtwind dem Motor und mir die notwendige Kühlung bringt.
Trotz der Hitze scheint genügend Wasser vorhanden zu sein, denn die Gegend ist sehr fruchtbar. Die Felder sind dermaßen groß, das sie mich an die der ehemaligen LPG’s bei unseren Brüdern und Schwestern im Osten erinnern.

Ananas sind’s wahrscheinlich nicht
Zuckerrohr
Bananen

Kurz vor Isla (nach über 80 km endlich mal wieder ein Ort auf der Karte) bieg ich ab auf die MEX 145 nach Tuxtepec. Dazu muß ich wieder über eine Bundeslandgrenze nach Oaxaca. Diesmal nicht über einen „Zoll“, sondern eine mautpflichtige Brücke. 34 Peso werden mir abgenommen, aber mit dem Geld machen sie auf der Oaxaca-Seite wenigstens gleich die Strasse.
Man merkt sofort das Oaxaca stark indogen geprägt ist. Statt der „Garagen“-Hütten sind in den Dörfern wieder hauptsächlich die typischen Indiohäuser zu sehen. Auch der Wohlstand nimmt sichtbar ab und der Dreck zu.
In Tuxtepec geht es auf die MEX 182. Zunächst verläuft die in einem immer enger werdenden Tal und geht dann bergauf. Als es wieder abwärts geht, öffnet sich ein wunderbarer Blick auf den Presa Miguel Aleman und ganz in der Ferne ist zum ersten Mal die weiße Kappe meines Ziels im Dunst zu erkennen.

Gläubige bekreuzen sich bei der Vorbeifahrt
Presa Miguel Aleman

Zunächst geht es noch ca. 20 km um den See herum und dann beginnen rund 200 km Fahrspaß ohne gleichen. Fast kein Verkehr, überwiegend guter Strassenzustand und eine Landschaft wie ich sie liebe, BERGE.

Langsam wird Höhe gewonnen
Der Belag läßt einiges zu
Mitten drin
Huautla – Zentrum in den Bergen
Genügend Pfade für Offroadspaß
Kurven für Knieschleifer

Von den 34 Grad der Ebene will sich die Temperatur nur langsam trennen. Erst auf dem höchsten Streckenteil sinkt sie auf kühle 26 Grad, um dann bei der Abfahrt nach Teotitlan gleich wieder kräftig anzusteigen. Die letzten 15 km vor Teotitlan muß der Fahrspaß deutlich Federn lassen. Es sieht aus als wäre die Strasse dem Verfall überlassen. Dafür entschädigt der freie Blick in die Landschaft. Diese seltsamen Formationen fesseln den Blick und ich brauch lange bis ich noch etwas bemerke, die ersten Kakteen machen sich breit.

Blick auf Teotitlan
Seltsam, aber gerade deshalb schön
Stachliges verdrängt den Wald

Mit meinem Tagesziel habe ich mich total verkalkuliert, es sind noch über 200 km bis Coscomatepec. Jetzt ist es schon 17 Uhr, also überhaupt nicht zu schaffen. Kurzerhand erklär ich deshalb Teotitlan zum Etappenziel. Bei der Durchfahrt durch den Ort kann ich aber kein Hotel ausmachen, dafür aber sofort an der stark befahrenen MEX 131. Das gefällt mir überhaupt nicht, also zurück und erneut auf Spähfahrt. Wieder finde ich nichts. Das kann doch nicht sein, also fragen. Vier Hotels soll es in unmittelbarer Nähe geben. Ich lass mir den einfachsten Weg erklären und wär wieder fast dran vorbei. Ein geradezu winziger Schriftzug an der Hauswand ist ja auch leicht zu übersehen. An dem Eckhaus bin ich an der anderen Seite schon zweimal vorbei gefahren, aber dort ist überhaupt kein Hinweis auf ein Hotel. Ja, die Mexicaner und ihre Schilder.

Es ist eh merkwürdig. Abends bei der Suche nach einem Hotel ist es immer schwierig vom Mopped aus wengstens eines zu finden, tapp ich am nächsten Tag durch die Stadt, fallen sie mir wie von selbst vor die Füsse.

Mit dem Hotel bin ich aber sehr zufrieden. Es hat einen schönen Innenhof, zwar höchstens fünf, sechs Zimmer, aber diese sind schön groß und sehr ordentlich. Bad und Bett ist super, es gibt sogar warmes Wasser und für mich die dringend notwendige Dusche.

02.03.2010 Dienstag

Es fällt mir nicht leicht das Bett zu verlassen. Die gestrige Etappe war doch verdammt lang und anstrengend. Das ich noch kein Haustier (Schaffell) auf der Sitzbank hab, darüber empört sich mein Hinterteil spätestens nach 200 km und wenn es heiß ist sogar noch deutlich früher.
Es sieht wieder nach einem warmen Tag aus, der Himmel ist auf jeden Fall strahlend blau. Also doch das schöne Wetter nutzen und die heutige Etappe wird ja auch nicht so lang wie gestern.

Gleich hinter Teotitlan ist die Grenze von Oaxaca und Puebla. Wenn einen nicht ein Schild in Puebla willkommen heisen würde, bekäm man davon überhaupt nichts mit. Außer vielleicht, Oaxaca ist ein Land des Dschungels, Puebla dagegen trocken und heiß. Vielleicht ist dies der Grund für den „Stangenwald“ der die Berghänge beidseits der Strasse ziert.

Stachelstangen
Stacheln in verschiedenen Formen

Mit der Zeit nimmt der Artenreichtum der Kakteen zu. Die Berge ziehen sich allmählich zurück und bis Tehuacan geht die Fahrt durch eine wenig aufregende Ebene. Tehuacan ist eine sehr große Stadt, aber Ausnahmsweise ist die Durchfahrt kein Problem, denn es ist durchgehend ausgeschildert !!
Hier seh ich auch den ersten Kawasakihändler seit ich in Mexico rumgurke.

So dreißig Kilometer hinter Tehuacan zeigt sich der dritthöchste Berg Nordamerikas in seiner ganzen Pracht.

Citlaltepetl (Pico de Orizaba)
Höher und näher gerückt

Die Straße steigt an, es bewölkt sich, Wind kommt auf und es wird kühl. Irgendwann wird es so kühl, daß ich anhalte und mir die Regenjacke als Wärmespender überstreif. Es sind zwar immer noch 20 Grad, aber mir inzwischen zu kalt nach der Hitze vom Vortag. Fahrerisch und landschaftlich ist es wieder ein Vergnügen.

Hoch überm Tal
Der fährt NICHT falsch

Eine ungewohnte Regelung wird mir in einer Spitzkehre fast zum Verhängnis. Hab zwar registriert das da was auf die Strasse gemalt ist, aber warum kommt mir der Bus auf meiner Strassenseite entgegen ??
Ich hab gerade noch rechtzeitig begriffen was die Strassenmalerei bedeutet, aber der Busfahrer wird sich gesagt haben, so’n Spinner, recht hat er.

Als ich in Nogales aus dem Supermarkt komm, hat sich der Himmel ganz dunkel verfärbt und ich hab den Eindruck die Wolken hängen nur noch ganz knapp über der Straße. Also nichts wie drauf auf’s Mopped und versuchen die letzten 50, 60 Kilometer doch noch zu packen.
Kurz vor Orizaba fängt es leicht an zu regnen, es ist saukalt und sieht nach Weltuntergang aus. Bevor mich der erwischt, schnell unter das rettende Dach eines Hotels in Orizaba. Dank LonelyPlanet und bewährt einfachem Strassenbenennungsschema ist das auch schnell gefunden. Das Mopped muß aber in die „Pension de Prodega“, einen Block weiter.
Es ist inzwischen 16 Uhr, fast schon dunkel, feucht und saukalte 16 Grad. Tagesziel wieder nicht erreicht.

03.03.2010 Mittwoch

Der Innenhof des Hotels ist überdacht worden, so das ich auf die Straße raus muß um festzustellen wie das Wetter heute ist. Es reißt mich nicht vom Hocker, 18 Grad (das wird sich im laufe des Tages noch auf 20 Grad steigern), trüber Himmel, Nieselregen. Kein Tag für Ausflüge in höhere Regionen, aber zunächst will ich ja ohnehin in ein Internetcafe für mein Skypedate. Als ich kurz nach zehn zum Internetcafe um die Ecke dackel hat das noch zu. Das darf doch nicht wahr sein ! Alle gestern ausgekundschafteten Internetcafes haben noch zu und verdächtig viele Geschäfte auch. Ist heute ein Feiertag oder ist denen nur zu kalt, denn in Catemaco hatten beim „de Norde“ auch nur wenige Geschäfte geöffnet.
Um elf öffnet das um die Ecke dann doch, mein Date ist gerettet, ich fang mir unter WinDoof einen Trojaner ein, aber der wird gleich in Quarantäne geschickt und unter Linux noch die letzten Catemacotage Online gestellt, dann streif ich den Rest des Tages durch die Stadt.

Alles für die Verschönerung des Heims
Zur Ausstattung der Hauskapelle
Elegantes für den Fuß des Herrn
Gegen den Hunger
Straßenverkauf
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Sonderangebote
Eine Ferroderia verkauft nicht nur Eisen
Gitarren können ja auch Stahlsaiten haben
Blumen für die Damen
Mit Musik geht alles leichter
Zum Anbeißen
Trinkjogurt stärkt
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Orizaba ist keine schöne Stadt und bei dem Wetter sieht man nichtmal das sie sehr schön in den Bergen eingebettet liegt. Aber die Stadt hat ein sehr interessantes, wuseliges Leben. Das Hotel liegt direkt gegenüber vom Mercado und hier kauft der „kleine Mann“ ein. Davon gibt es viele, denn Orizaba ist eine Industriestadt.
In einer Parallelstrasse zum Mercado fällt mein Blick in den Eingangsbereich einer öffentlichen Toilette. Links für die Herren, rechts für die Damen. Erstaunlich viel Frauen stehen in dem Vorraum. Ich denk mir nur, tja Mädels, im Stehen geht es halt schneller und lauf weiter. Als ich später dann nochmal vorbeikomm stehen da drin immer noch so viel Damen rum. Ich werd stutzig und schau genauer hin, alles klar, die warten nicht auf eine freie Schüssel, sondern auf einen Freier. Dieser doch etwas anrüchige Kontaktraum muß fotografiert werden. Doch als eine von ihnen den Fotoapparat entdeckt und etwas schreit, stieben sie davon wie eine aufgescheuchte Hühnerschar. Schade, für versteckte Kamera muß ich noch etwas üben.

Keine Ahnung ob es noch mehr von diesen Kontakträumen gibt. Kontakträume nach „Oben“ gibt es auf jeden Fall mehr als reichlich. Hier nur eine ganz winzige Auswahl davon.

Catedral de San Miguel
Innere Pracht
Stadtteil Kirche
Schöne Fassade
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Eine wirkliche Sehenswürdigkeit hat Orizaba aber doch. Wahrscheinlich eines der ersten und berühmtesten Fertighäuser. Nicht in Holzständerbauweise oder dergleichen, sondern ganz aus Eisen.

Palacio de Hierro
Palacio de Hierro

Das Gebäude wurde in Frankreich von einem Herren Namens Eiffel – ja genau, der mit dem Turm – konstruiert und vorgefertigt, dann über den großen Teich geschippert und hier als Rathaus aufgestellt.

04.03.2010 Donnerstag

Heute hab ich das Hotel gewechselt. Nicht das ich grundsätzlich unzufrieden gewesen wäre, aber ich seh gern schon vom Zimmer aus wie draußen das Wetter ist. Zudem ist das neue Hotel etwas preiswerter und ich kann das Mopped im Durchgang zum Innenhof parken. Falls mich schlechtes Wetter noch ein paar Tage hier festhält, ein auch nicht ganz unwesentlicher Kostenfaktor.
Heute ist es nur trüb, immerhin 20 Grad warm und daher für einen Ausflug geeignet. Zuerst geht’s nach Fortin de las Flores. Es soll Mexicos Zentrum der Schnittblumen sein und auch sehr schöne Privatgärten haben. Wurde mir in Merida auch von den Amis als sehenswert in der Strassenkarte markiert.
Ich kann an dem Ort nichts Bemerkenswertes entdecken. Gut, er hat einen schönen großen, mit kunstvoll geschnittenen Bäumen bestandenen Park – aber sonst ? Vielleicht bin ich ja zur falschen Jahreszeit da, aber wo Privatgärten sein sollen bleibt mir nach einer Stadtrundfahrt immer noch ein Rätsel.

Weiter geht es nach Cordoba. Am Stadtrand folge ich den Schildern Richtung Veracruz, dann kommt eine Umleitung und ich steh plötzlich auf der Schnellstrasse. Wie ich richtig vermute in der falschen Fahrtrichtung. Keine Ausfahrt, erst recht kein Retorno, runter von der Strasse geht es erst wieder in Fortin de las Flores. Um runter zu dürfen darf ich auch noch 16 Peso berappen. Blödheit wird halt manchmal bestraft. Das Spiel nochmal von vorn. Jetzt halt ich in Cordoba stur geradeaus und lieg damit goldrichtig. Ich lande auf der Plazza.

Obwohl nur 30 km entfernt und beides Städte mit über 100.000 Einwohnern sind, ist Cordoba ganz anders als Orizaba. Cordoba ist wesentlich aufgeräumter, gepflegter und obwohl die Größere von beiden Städten, deutlich ruhiger.

Cathedrale
Goldene Pracht
Rund um die Plazza
Rund um die Plazza
Rund um die Plazza
Rathaus
Plazza

Nach der Besichtigung von Cordoba ist Atoyac das nächste Ziel. Dieses soll ca. 25 km von Cordoba entfernt sein. Ein Fluß Namens Atoyac ist auf der Karte zwar auszumachen, der Ort aber nicht. Kann ja nicht so schwer sein den zu finden. Einfach die MEX 150 lang, irgendwann muß dann eine Abzweigung kommen. Ich fahr 10, 20, 30 km, absolut nix. Also umkehren. Ich fahr in jede Abzweigung rein die nach rechts, d.h. Richtung Fluß, von der MEX abzweigt. Lande aber immer wieder nur auf dieser, denn die ist hier als Umgehungsstrasse der Ortschaften gebaut.
Keine 10 km vor Cordoba kommt dann der ersehnte Wegweiser. Jetzt seh ich ihn, denn ich komm ja aus der richtigen Richtung. Ich vergewissere mich, auf der anderen Strassenseite ist kein Schild …

Atoyac ist bekannt für seine langostinos (Riesengarnelen), diese interessieren mich aber weniger, sondern ich will zur Cascada de Atoyac. Am Ortseingang komm ich dann aber an einem Schild vorbei dem ich dann doch nicht widerstehen kann. Ich beschließe auf der Rückfahrt hier ein zu kehren.

Leckereien
Hier werden sie zubereitet

Die Zuckerfabrik in Atoyac macht die lange Ortsdurchfahrt bis zum alten Bahnhof etwas beschwerlich, denn die Zuckerrohr anliefernden Lastwagen blockieren den ganzen Ort. Am Bahnhof geht es auf einen Feldweg und nach ca. 1 km durch einen Tunnel. Da der Tunnel nicht sehr lang ist, mach ich kein Licht an und das bringt mich dann gleich ziemlich ins Schwitzen.
So ab ca. der Hälfte des Tunnels seh ich zwar noch den Tunnelausgang, aber nicht mehr wo ich mich im Tunnel befinde. Schramm ich links oder rechts an der Tunnelwand ?? Da unter mir dicker Kies ist, hab ich ziemlich Fahrt drauf um das Mopped zu stabilisieren. Statt das Licht an zu machen, geh ich vom Gas und die Mühle fängt natürlich sofort an wild zu schlingern. Dagegen hilft nur wieder Gas geben und die Mitte des hellen Flecks anpeilen. Als ich dann endlich das Licht anmache brauch ich’s schon nicht mehr.

Cascade neben der Bahnlinie
Vom Tunnel aus fotografiert
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Gleich hinter dem Tunnel hat man einen schönen Blick auf die Eisenbahnlinie und die Cascade. Ich geh trotzdem runter zum Eisenbahntunnel um sie auch aus dem heraus zu fotografieren. Wie ich da hingekommen bin ? Selbst hinfahren und das Rätsel lösen.

Auf der Rückfahrt komm ich wieder durch Fortin de las Flores und kann zuerst meinen Augen nicht trauen, aber wenden, absteigen und hingehen macht es dann doch Wahr. Eine Ducati in Mexico und vor was für einer Schrauberbude. Kaum die richtige, artgerechte Haltung.

999 in nicht standesgemäßer Gesellschaft
11. Ab in die Berge