05.03.2010 Freitag

Heute werde ich versuchen den Pico de Orizaba zu erklimmen. Angeblich soll man ihn bis auf eine Höhe von 4300 m befahren können. Aber so wahnsinnig werde ich nicht sein, dies ohne Akklimatisierung zu machen.

Außer Grau zeigt der Himmel heute auch immer wieder das es heller geht. Das läßt hoffen das das Blau im Laufe des Tages die Oberhand gewinnt. Von Chocaman kann der erste Angriff auf den Citlaltépetl gestartet werden. Die Stadt liegt steil am Hügel neben der Durchgangsstrasse und ist mit ihren Flußsteinpflasterstrassen nicht leicht zu erobern. Der Weg nach Xocotla läßt sich sogar finden, doch die Berge in der Ferne liegen derartig im Dunst das eine Anfahrt kaum Sinn macht.

Im Dunst

Also weiter nach Coscomatepec und der Sonne noch etwas Zeit geben. Kurz vor Coscomatepec ist der Citaltepetl tatsächlich heute zum ersten Mal zu sehen. Nun, sehen ist wohl nicht der richtige Ausdruck. Erahnen trifft den Sachverhalt besser.

Der Pic ist nur zu ahnen

Schade, der Berg hat sich schon mal deutlich besser in Szene gesetzt. Eine Anfahrt mit dem ganzen Gepäck über mehr als 30 km unbefestigter Holperstrecke, nur um dann im wahrsten Sinn des Wortes im Nebel zu stehen, erscheint mir nicht sehr verlockend. Also lass ich es bleiben.
Die Strasse führt in einer Berg- und Talfahrt durch eine schöne Landschaft. Ich quäl die Kawa extra zu einer Kirche auf einen Hügel hinauf, um von dort oben Fotos zu machen. Aber das Kameraauge ist noch schlechter als meine Kurz-/Weitsichtigen, denn auf den Bildern ist außer Dunst fast nix zu erkennen. Bis auf Eines stampf ich die Ergebnisse dieses Ausflugs nach der Sichtung am Computer ein.
Immerhin gab es direkt neben dem Weg ein Objekt dessen Bild, obwohl leicht unscharf, hier zu bewundern ist.

Solche Häuser sieht man selten
Die Sicht wird leider nicht besser

Nach Totuta führte die Strasse auf einer Hochebene mindesten 15 km an einer gewaltigen Schlucht vorbei. Hin und wieder war von der Strasse aus ein Blick zu erhaschen, doch trotz mehrerer Stops war kein richtig guter Aussichtspunkt zu finden. Erst als die Schlucht schon „sanfter“ wurde gelang es sie im Bild einzufangen.

Raftingparadies
Coatepec

Kurz darauf führt die Strasse zur Schlucht runter, überquert den Fluß und geht auf der anderen Seite wieder hoch Richtung Coatepec. Fährt man am Fluß weiter, kommt man nach Jalcumulco, einem stark beworbenen Wildwasserkanu- und Raftingcenter. Außerdem soll man dort noch Höhlentouren und sonstiges abenteuerliches für Adrenalinjunkies machen können. Alles nichts für mich. Mir reichen meine gelegentlichen Offroadausflüge und Gewaltmärsche.

Mein Ziel für heute ist Xico. Wunderschön oben am Berg gelegen, allerdings auch wieder mit steilen Flußsteinpflasterstrassen. Leider ist in Xico grad der große Bauboom ausgebrochen. Fast alle Strassen sind aufgerissen und überall wird geschaufelt und gebaggert. Zufahrt zu den Hotelparkplätzen oder -innenhöfen ist nicht möglich, da über die Gräben an den Einfahrten nicht mal Bretter oder Bleche gelegt wurden. Pech für mich. Bin wohl zur falschen Zeit hier gelandet und so entfällt auch die sonst obligate Stadtrundfahrt mit Photostops. Lediglich an der Plazza leg ich einen Stop ein. Xico hat sehr hübsche Strassenzüge mit kleinen, bunten Häusern mit kolonialer Architektur, aber die Baugruben und -maschinen verderben leider jedes Bild.

Xico
Xico

Alle 22 (!) Kirchen der 15.000 Einwohner Stadt wollt ich nicht ablichten und so holpere ich wieder über die Steine den Berg hinunter nach Las Puentes. Dort hatte ich ein Hotel gesehen und ein paar Schätzchen die ich mir sowieso genauer ansehen wollte.

Alte Schätzchen
Erstaunlich guter äußerer Zustand
Auch innen noch gut
Sahnestück für Porschefans

Der Porsche dürfte für Oldtimerfans ein besonderer Leckerbissen sein und in Deutschland sicher ein kleines Vermögen kosten. Hätt ich etwas weniger das durch die Welt ziehen im Sinn und mehr Moneten, käm ich glatt in Versuchung mir den Porsche unter den Nagel zu reißen. Aber auch der Ford PickUp hat was und erinnert mich an den ersten Lesestoff meiner frühesten Jugend. In den Donald Duck Heften tauchte auch immer so ein ähnliches Teil auf.

Ford Pickup
Üppiges Amaturenbrett

Beide Autos sind Außen und Innen in einem erstaunlich gutem Zustand und die Holzladefläche des Ford sieht sogar aus wie neu.

Im Hotel holt mich wiedermal ein altes Problem ein, ich versteh die Frauen nicht bzw. diese blicken’s nicht. Eigentlich ist schon alles klar, Zimmer besichtigt, Preis klar, meine Gästebucheintragung gemacht und Zimmerschlüssel erhalten, da fängt die junge Frau hinterm Tresen plötzlich an wild auf mich einzureden. Als ich sie etwas fragend ansehe wird der Wortschwall noch gewaltiger und noch schneller. Natürlich ist dies erst recht nicht Zielführend und mein Blick daher jetzt völlig verständnislos. Sie eilt fort und kommt kurz danach mit Verstärkung in Person von James wieder.
James ist ein Ami, etwas älter als ich und spricht Spanisch. Er frägt mich was ich denn noch für Fragen hätte. Als ich ihm erklär für mich ist alles klar, schaut er etwas verständnislos. Nach einigem hin und her stellt sich raus, das die Frau von mir wissen wollte ob ich eine oder zwei Nächte bezahle. Blöde Frage, nachdem ich ihr gesagt hab das ich ein oder zwei Nächte bleiben will werd ich ihr doch nicht gleich zwei Übernachtungen bezahlen. Sie hätte mir nur Zeit lassen müssen den Geldbeutel heraus zu holen, dann hätte sich das von allein geklärt, denn das in Mexico im Voraus bezahlt werden muß hab sogar ich inzwischen geschnallt.

Immerhin lern ich so James kennen und wir verabreden uns zum gemeinsamen Abendessen. Als wir uns treffen werden im Hotelrestaurant grad die Stühle auf die Tische gestellt. Kein Problem, wir essen halt hinter der Rezeption, d.h. dort wo auch die Familie immer isst. James ist Vegetarier, hat aber keine Probleme mit der Hühnersuppe, ich nehme Fleisch und bekomme kalten Reis mit einem gekochten Rippchen, jetzt zum Anwärmen aber noch zusätzlich gebraten. Nicht gerade ein kulinarischer Genuß, aber mitsamt Bier für 50 Peso wenigstens preiswert.
Scheint ein Standardpreis zu sein, denn am nächsten Abend zahl ich wieder das Gleiche.

Nach dem Abendessen machen wir noch einen Verdauungsspaziergang. James sagt, ich könne meine Latschen anbehalten, denn es gehe nur leicht die Strasse hoch bis zum Ende, dann um den Block und wieder zurück. Trotzdem geh ich sicherheitshalber meine Trekkingschuhe anziehen. Als ich wieder aus dem Zimmer komm regnet es. Nun wird noch die Fliesjacke gegen die Regenjacke ausgetauscht.

Von wegen „nur leicht bergauf“. Es geht steil hoch und James legt ein ordentliches Tempo vor. Er redet wie ein Wasserfall auf mich ein und anfänglich kann ich mich sogar etwas an der Kommunikation beteiligen, aber bald fehlt mir dazu die Luft, denn ich pumpe wie ein Maikäfer. James ficht das alles nicht an, sein Schritt wird keinen Deut langsamer und er redet ohne Unterlass. Ich kann ihm schon lange nicht mehr folgen, geschweige denn Antworten.

Als wir am Ende der Strasse oben ankommen, erklärt James das dahinter alles Kaffeeland ist, d.h. ringsum wird praktisch nur Kaffee angebaut. Schade das es schon dunkel ist. Die Pflanzungen von denen mein Lieblingsgetränk stammt hätte ich mir gerne angeschaut.

Da es auf dem Rückweg bergab geht kann ich mich am wieder Gespräch beeiligen. James wohnt seit etwas mehr als drei Monaten in dem Hotel, hat für vier Monate bezahlt, flucht über das Wetter was dauernd wechselhaft und hauptsächlich nur schlecht sei. Er sei permanent erkältet und bereut seinen Entschluß so lange hier her gekommen zu sein. Gegen Erkältung und Husten empfehl ich im warmes Bier, warum er nicht schon lange den Ort gewechselt hat erfahr ich nicht, dafür aber das er noch vierzehn Tage bleiben muß und dann nicht weis wo er hin soll. Er frägt mich deshalb wo ich schon war und was ich ihm empfehlen könnte. Dabei kennt er Mexico viel besser als ich, ist vor zehn Jahren schon längere Zeit hier rumgereist – als er wieder zurück kam war seine Frau fort. Er meint nach fast dreißig Ehejahren sei das hart gewesen, aber nun hat er sich dran gewöhnt, ist seither völlig solo, vermißt keine Frau (ich schon), habe endlich wieder zu sich zurück gefunden und könne nun rumreisen soviel und wohin er wolle. Bis Juni kann er noch in Mexico bleiben, danach reist er kreuz und quer durch die Staaten um Kinder und Geschwister zu besuchen und dann will er nach Südamerika. Da war er in den siebziger Jahren schon mehrfach und ganz besonders hat es ihm Bolivien angetan.
Was Frauen betrifft, so empfiehlt er mir Nordbrasilien. Er sei dort mal längere Zeit mit einem Deutschen zusammen gereist und der sei ganz begeistert gewesen ….

06.03.2010 Samstag

Aufgrund von James seiner Empfehlung will ich, nein, nicht nach Brasilien, sondern nach Xalapa ins Museo de Antropoligia und danach die Stadt besichtigen. Beides müsse man unbedingt gesehen haben, vor allem auch die wunderschöne Lage von Xalapa auf verschiedenen Hügeln zwischen den Bergen.

Die Strassen sind noch nass, aber der Himmel nur hellgrau und ab und zu ein blauer Fleck dazwischen. Das läßt hoffen.

Es gibt sogar Wegweiser zu Museum, aber kurz vor dem Ziel lassen sie einem im Stich. Das Museum liegt so unauffällig abseits der Strasse, das man leicht vom Verkehrsstrom daran vorbei gespült wird. Der Pförtner beim Tor der Lieferanteneinfahrt wird ganz nervös als ich darauf zu fahre, aber ich will nur wenden damit ich direkt vorm Pförtnerhäuschen auf dem Bürgersteig parken kann. Ich bedeute ihm er soll ein Auge auf’s Mopped haben, aber er geht ohne jede zustimmende Reaktion zurück in sein Häuschen und liest weiter Zeitung. Gut, gibt es nachher halt kein Trinkgeld.

Die Eingangshalle des Museums ist sehr weitläufig, Schilder wo was zu finden ist gibt es nicht, selbst das dieser einsame Tresen weit hinten im Eck die Kasse ist muß man erraten. Neben der Eintrittskarte wird mir noch ein Audioguide für 20 Peso angeboten. Den gibt es aber nur in Englisch. Ich hör mal kurz rein, versteh nur Bahnhof und lehne daher dankend ab.

Im ersten Moment wirkt das Museum nicht sehr beeindruckend, aber dann !! Einfach nur sagenhaft. Ich hatte mir die Indiokultur immer ganz Anders vorgestellt, ein paar behauene Steine mit Indiomotiven und vielleicht noch ein paar Holz- oder Tongebrauchsgegenstände, aber das waren ja ganz abgefahrene Künstler.

Die verschiedenen Kulturzonen

Die Bilder folgen den Kulturzonen von Süd nach Nord, d.h. von den Olmeken zu den Huaxteken. Leider war alles nur in spanisch beschriftet und es gab nichtmal eine grobe Übersicht oder einen Prospekt in Englisch.

Berühmter Olmekenkopf
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Das ist ein ziemlich großes Gefäß !
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Die Figur hat Lebensgröße
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Modell von El Tajin
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Das soll ein Jaguar sein
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Schönheitsideal – verformte Schädel
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Um die dem Schönheitsideal ideale Kopfform zu erzielen (fliehende Stirn & gerader Hinterkopf) wurden die Kinder auf dem Rücken liegend zwischen zwei Bretter gebunden.
Das untere Brett sorgte für den flachen Hinterkopf, denn das obere Brett war schräg gestellt und drückte den Kopf auf das untere Brett. Durch die Schrägstellung ergab sich gleichzeitig die nach hinten fliehende Stirn.

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Ein Tanga ist nix Neues

Als ich nach über zwei Stunden aus dem Museum raus kam, hat sich der Nebel über die Stadt hergemacht. Keine Spur mehr von Blau am Himmel zu sehen, dafür düsterstes Grau und leichter Niesel.
Trotzdem versuch ich Xalapa zu erkunden. Die Schilder Centro hören auf sobald die Strassen enger werden und das Einbahnstrassensystem beginnt. Allerdings verlaufen diese Strassen nicht parallel zueinander und so endet mein Erkundungsvorstoß jedesmal in einer anderen Ecke des allgemeinen Verkehrsstillstands.
Nachdem ich nach über einer Stunde noch immer nicht im entferntesten im Centro gelandet bin, geb ich auf, wühl mich aus dem Gedränge raus und fahr nach zurück Richtung Hotel. In der Kaffeehochburg Coatepec mach ich halt, denn die ganze Stadt soll nach Kaffee duften.

Kaffeehochburg

Vom Kaffeeduft rieche ich nichts, aber das mag am Wetter liegen, denn inzwischen ist aus dem leichten Nieseln ein ausgewachsener Regen geworden. Also Regenjacke angezogen und durch die Stadt geschlurft.
Drei Kaffeeröstereien finde ich und etliche Cafes, die „Kaffeespeisekarten“ haben, d.h. die diversen Kaffeegetränke aus verschiedensten Kaffeesorten anbieten. Ich gönnen mir einen Kaffee. Von einer Verkostung der verschiedenen Sorten nehm ich wegen dem sich dann einstellenden starken Harndrangs aber Abstand und fahr in strömendem Regen zum Hotel zurück.

Am Abend ess ich wieder mit James zusammen im Hotelrestaurant. Dabei lern ich eine neue Art den Zigarettenkonsum zu verringern kennen. James raucht Selbstgedrehte, aber jeweils nur bis zur Hälfte, dann macht er die Zigarette aus und raucht den Rest dann später bis zu einem ganz winzigem Stummel fertig. Ob das wirklich gesund ist?

12. Kaffeefahrt