17.04.2010 Samstag

La Paz – Topolobampo

Nach einem Blick in die Reisebibel fällt beim Frühstück die Entscheidung. Ich werde mit der Fähre nach Topolobampo übersetzen, dann mein Glück in Empalme versuchen um das Permisio los zu werden, sollte es da erwartungsgemäß nicht klappen, dann halt am berühmtem Kilometer 25 bei Nogales, falls es dort ohne definitive Ausreise in die USA nicht möglich ist hangle ich mich halt die Grenzübergänge bis Tijuana entlang. Die Fähre soll heute um 15 Uhr ablegen, also noch etwas Zeit um meine Liebste via Skype über die neuste Entwicklung und meine Entscheidung zu informieren, meinem Mopped wieder das gesamte Gepäck auf zu bürden und Fährtickets zu besorgen. Für mich und die KLR ist ja hoffentlich noch Platz auf der Fähre.

Gegen 12:30 Uhr bin ich am Fährhafen in Pichilingue. Im Ticketbüro der Fährgesellschaft herrscht reger Betrieb, aber nach ca. einer halben Stunde wandern 1850 Peso über den Tresen und ich bekomm dafür die Fährtickets. Allerdings auch die Information das die Fähre erst um 23 Uhr abfährt. Da ist wohl ein D(r)uckfehler in der „Bibel“. Was mach ich jetzt mit dem Rest des Tages ?? Mir die verbleibenden Stunden in Pichilingue um die Ohren zu schlagen ist nicht so der Bringer. Deshalb fahr ich nach La Paz zurück, park mein Mopped vor einem Cafe an der Strandpromenade, beschlagnahme dort einen Stuhl und halte mich ein paar Stunden an einem Kaffee und einem Buch fest.

Am späten Nachmittag hält ein KLR-Treiber bei meinem Mopped, steigt ab und beäugt interessiert meinen Lastesel. Natürlich kommen wir ins Gespräch. Er ist ca. 30 Jahre, spricht recht gut Englisch und ich lad ihn zu einem Kaffee ein. Er hat seine KLR für 2000 Dollar gebraucht in den USA gekauft, Baujahr 2005 mit 7500 Meilen auf dem Tacho. Dem Zoll mußte er dann noch 400 Dollar in den Rachen schieben. Das US-Modell ähnelt meinem „Zurück-zu-den-Ahnen“-Umbau sehr mit dem serienmäßig großen Tank und dem vollständigen Instrumentarium mit Tacho, Drehzahlmesser und Wassertemperaturanzeige. Wär wohl doch eine gute Option gewesen das Reisemotorrad in den USA zu kaufen ….

Nach einer guten halben Stunde muß er weiter, drückt mir aber vorher noch einen Zettel mit seiner E-Mail Adresse und Telefonnummer in die Hand. Wenn ich im November wieder in La Paz bin, soll ich mich unbedingt bei ihm melden. Das werd ich auch ganz sicher machen.
Denn Rest des Tages bekomm ich auch noch irgendwie rum (Eis essen, Leute gucken, Promenadenwalk etc.) und fahr dann zum Walmart um mich für die Nacht auf der Fähre mit Speis und Trank ein zu decken. Eingedenk der Erlebnisse im Hafen von Guayamas bin ich um 21 Uhr wieder in Pichilingue. Jetzt wo ich das Permisio los werden will interessiert sich zum ersten Mal jemand dafür. Der Zöllner ist mit der Kopie nicht zufrieden, sondern will unbedingt das Original in die Finger und vergleicht dann ganz akribisch die Fahrgestellnummer und das Kennzeichen des Motorrads mit den Angaben im Permisio. Eine „De-Registrierung“ gibt es nicht und auch mein Gepäck ist völlig uninteressant, so daß ich mich recht schnell in die Schlange der bereits wartenden Fahrzeuge einreihen kann. Mit dem Fahrer des neben mir stehenden SUV komm ich gleich ins Gespräch. Er hat sein Auto voll mit Kleinmöbeln, erzählt mir das er von Kundenbesuchen zurück kommt und in Culiacan einen Möbelgroßhandel besitzt. Natürlich habe er für seine Kunden einen Katalog und müßte daher nicht rumfahren, aber der persönliche Kontakt sei durch Nichts zu ersetzen. Von mir will er wissen was ich in Mexico so treibe und als er erfährt das ich schon über drei Monate durch Mexico gondel ist er hell begeistert. Als er dann von mir erfährt das ich im Herbst die Pazifikküste runter fahren will, gibt er mir seine Karte und sagt ich solle bei ihm vorbei kommen wenn ich durch Culiacan fahre.

Wir sind noch voll am Quasseln, da beginnt auch schon das Verladen. Keine Soldaten, keine schnüffelnden Hunde, keine Passkontrolle, ich bin platt. Die Fähre hat mehrere Verladedecks und ich werde auf eines der PKW-Decks gelotst. Das hat die Höhe das ein VW-Bus oder moderner SUV gerade noch rein passt, keine Zurrösen um das Mopped festbinden zu können und auch die Lademannschaft hält es nicht für notwendig das Mopped wenigstens am Geländer zum nächsten Deck fest zu binden. Ich stell die KLR auf den Seitenständer und mach den Gang rein damit sie wenigstens nicht fortrollt. Hoffentlich ist die See ruhig und das Mopped steht am nächsten Tag noch. Dann mach ich mich auf den Weg zum Salon, such den Sitzplatz der mir gemäß Ticket zugewiesen ist und mach mich dort breit. Ziemlich schnell füllen sich die Sitzreihen. Ich hoffe, daß außer dem Mexicaner der ganz außen auf der anderen Seite der Vierersitzreihe Platz nimmt sich niemand sonst noch in die Reihe quetscht.

Ziemlich pünktlich legt die Fähre ab, der Mexicaner klappt seinen Sitz in die Ruheposition und schläft ein, ich führ meinem Magen erstmal meine Beute aus dem Walmart zu und mach mich dann über drei Sitze lang. Es ist alles andere als bequem, aber trotzdem gelingt es mir irgendwann ein zu schlafen.

18.04.2010 Sonntag

Topolobampo – Hermosillo 517 Km

Die Fähre läuft am Morgen ziemlich pünktlich kurz nach 6 Uhr in Topolobampo ein. Ich bin – zumindest gefühlt – erst kurz vorher in den Tiefschlaf gefallen, werd durch den Lärm der aufbrechenden Passagiere wach und bin einer der Letzten der sich in Richtung Fahrzeugdecks bewegt. Sehr weit komm ich aber nicht, denn ich lande in der Meute die zum PKW-Deck will und wir dürfen erst runter wenn dieses Deck mit dem Ausfahren dran ist.

Es dauert fast eine Stunde bis wir zu den Fahrzeugen dürfen, aber auch dann kann noch eine ganze Weile den LKWs beim Verlassen der Fähre zugeschaut werden. Als sich die Ausfahrtrampe endlich senkt, bin ich der Erste der draußen ist, denn ich hab freie Fahrt zur Rampe und die PKWs müssen erst alle zurück stoßen um runter fahren zu können.
Zu meiner großen Überraschung kann das Hafengelände ohne jegliche Kontrolle sofort verlassen werden. Da Kilometermachen angesagt ist, ist mir das mehr als Recht und so mach ich mich unverzüglich auf den Weg nach Los Mochis. Dort verwirren mich die sich widersprechenden Wegweiser nur kurz, dann bin ich auf der MEX 15 der ich jetzt auf etlichen hundert Kilometern den Asphalt etwas abschrubben kann. Hinter Los Mochis lauern Wegelagerer und ich darf 30 Peso abdrücken bevor sich die Schranke der Mautstation öffnet und mir den Weg frei gibt.

Landschaftlich ist die Strecke über Navojoa nach Ciudad Obregon ähnlich der zwischen Obregon und Guayamas und bietet daher nichts wesentlich Neues. Hier ist lediglich die landwirtschaftliche Nutzung etwas intensiver. Es geht ziemlich schnurgerade durch eine Ebene, das Küstengebirge ist nur schemenhaft in der Ferne zu erkennen und lediglich die im Tagesverlauf rapide ansteigende Temperatur sorgt für etwas „Abwechslung“.
Als ich durch Ciudad Obregon fahre, bin ich kurz versucht Hotel-Jorge einen Kurzbesuch ab zu statten, verwerf den Gedanken aber wieder, denn wie ich mich kenne, würde daraus doch ein längerer Aufenthalt. Kurz hinter Obregon lauf ich auf drei mexicanische GS-Treiber auf die sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung (90 km) halten. Ich fahr eine Weile hinter ihnen her, doch da sie überhaupt keine Anstalten machen etwas mehr Gas zu geben überhol ich sie schließlich. Dieses Stück der MEX 15 bin ich ja schonmal gefahren, so bietet sich mir hier auch nichts Neues.

Irgendwann macht sich bemerkbar das ich noch nicht gefrühstückt habe, deshalb mach ich Rast, schiebe mir die letzten Vorräte aus dem Rucksack in den Hals und spül mit Wasser nach. Bei der inzwischen herrschenden Hitze hab ich das Gefühl das Wasser würde schon im Hals verdunsten. Während meiner Stärkung zockeln die GS-Fahrer an mir vorbei. Kurz vor der nächsten Mautstation hol ich sie wieder ein, überhol sie und ordne mich auf der äußersten linken Spur zur Kasse ein. Hinter mir beginnt ein wildes Hupen. Im Rückspiegel seh ich wie mir die GSler heftig zuwinken und mir Zeichen machen sich ihnen anzuschließen. Ich folge der Aufforderung, sie fahren von der Straße ab auf einen Trampelpfad und umschiffen einfach die Mautstation. Auch gut, so hab ich 60 Peso gespart. Diese Sparaktion gelingt mir auf dem Weg nach Nogales noch zwei mal, doch dann ist Schluß, denn bei den folgenden Zahlstellen ist dieses Schlupfloch durch Ketten versperrt.

An der Gegenfahrbahn taucht die Banjercito Empalme auf. Hier beginnt, bzw. endet die „freie Zone“, also nochmal einen Versuch wert mein Permisio vor der Grenze los zu werden. Bei nächster Gelegenheit wird gewendet und die Banjercito angefahren. Ein Parkplatz der eines großen Supermarktes würdig wäre, ein seperates Toilettengebäude mit piksauberer, edlen Sanitärausstattung und ein nagelneues Schaltergebäude mit Klimaanlage und sicher mehr als zehn Schaltern. Zwei davon sind besetzt, ich der einzige Kunde. Leider kann man mir aber auch hier meinen Wunsch nicht erfüllen. Es führt kein Weg daran vorbei, um das Permisio los zu werden muß ich zur Grenze.

Die MEX 15 verläßt jetzt die Küstenregion und führt ins Landesinnere. Es geht zwar etwas bergauf – mit der Temperatur, die so allmählich auf 40 Grad zubewegt, leider auch -, aber außer das jetzt überhaupt keine Felder und Ortschaften mehr sichtbar sind, ändert sich landschaftlich nicht viel. Es geht 150 km ziemlich geradeaus nach Hermosillo, der Hauptstadt des Wüstenstaates Sonara. Gegen 16 Uhr bin ich dort, bieg von der MEX 15 ab ins Zentrum der Stadt und mach mich auf die Suche nach einem Hotel. Dafür ist es zwar eigentlich noch viel zu früh, doch bis zur nächsten größeren Stadt mit Aussicht auf ein Hotel sind es noch 173 weitere Kilometer. Mein Hintern und ich sind aber jetzt schon ziemlich fertig.

Leider wird in der Bibel Hermosillo recht stiefmütterlich behandelt, lediglich ein preiswertes Hotel erwähnt, aber ein Lageplan ist nicht abgedruckt. Das Hotel soll in einer Einkaufsstraße in der Innenstadt liegen, wird also nicht so schwer zu finden sein. Wie alle Städte Mexicos in genügend großer, ebener Fläche ist Hermosillo sehr weitläufig und zerfällt in mehrere durch breite, vierspurige Straßen voneinander getrennte Stadtteile. Das Stadtzentrum ist nicht ausgeschildert, daher doch nicht sooo leicht zu finden. Also fahr ich in Richtung dichtester Kirchturmansammlung und versuch durch systematische Einkreisung mein Ziel zu finden. Unterwegs komm ich am Hotel Kino vorbei. Das hat einen großen, bewachten Parkplatz auf den ich zusteuer und den Wächter nach dem Weg zur Avenida Aquiles Serdan frage. Was ich denn suche werd ich auf Englisch gefragt. Das Hotel San Alberto kennt er nicht, aber das Hotel Kino sei doch auch sehr gut und preiswert. Dabei weist er auf ein Plakat auf dem mit „Promotion Habitition 390 Peso“ die Zimmer des Hotels angepriesen werden. Ich erklär ihm das mir das zu teuer ist, denn die Übernachtung im San Alberto soll nur 200 Peso kosten.
Das kann er zwar nicht glauben, erklärt mir aber das ich noch fünf, sechs Blocks fahren muß, dann geht es rechts ab auf die Aquiles Serdan.

Das stimmt tatsächlich, doch die Aquiles Serdan ist eine Einbahnstraße die in die falsche Richtung verläuft. Also noch einen Block weiter, dann ein gutes Stück die Straße hoch, zweimal rechts und beim langsamen zurückfahren müßte ich am Hotel San Alberto vorbei kommen. Als ich an einer Ampel stehe und mich suchend umschaue, hält ein Motorradfahrer neben mir und frägt was ich suche. Das San Alberto kennt er nicht, aber er kenne ein gutes, preiswertes Hotel, ich soll ihm nachfahren.
In einem Affenzahn rast er durch das Gewirr der Einbahnstrassen der Altstadt, kommt auch recht schnell wieder auf eine größere Straße und wir sind dann auch gleich am Ziel.

Ich traue meinen Augen nicht. Wir stehen wieder vor dem Hotel Kino !!! Stolz erklärt er, dies sei das Beste preiswerte Hotel in Hermosillo und braust davon. *Grrr* Ich bin schweißgebadet, fix und fertig und ergeb mich dem Schicksal. Der Parkplatzwächter heist mich mit einem Grinsen herzlich willkommen und hilft mir das Mopped durch den Kies in den Schatten zu schieben.

An der Rezeption will man für die Übernachtung 410 Peso von mir. Als ich auf die „Promotion“ verweis, heist es nur „ah, sie haben das Schild gesehen“ und man gibt sich mit 390 Peso zufrieden. Ein Bediensteter hilft mir mein Gepäck auf das Zimmer zu schleifen, prüft den Inhalt der Minibar und setzt die Klimaanlage in Gang. Ich verschwinde erstmal unter der Dusche und als ich wieder im Zimmer auftauch, hat es die Klimaanlage tatsächlich geschafft für eine erträgliche Temperatur zu sorgen.
Im Hotelbistro genehmige ich mir erst noch ein Bier, bevor ich mich auf die Suche nach einem Laden zur Aufstockung meiner Wasservorräte und einem Restaurant fürs Abendessen begebe.

Das Viertel in dem sich das Hotel befindet ist wie ausgestorben, Läden finde ich überhaupt keine und die wenigen Restaurants an denen ich vorbei komme sind allesamt geschlossen. Ist auch kein Wunder, denn ich befinde mich wohl im Regierungs- und Büroviertel.

Prachtstraße des Regierungsviertels
Gouverneurspalast
Justizpalast
Kulturtage: un desierto para la danza

Nach einiger Zeit vergeblichen Suchens mach ich mich halt doch auf Richtung Zentrum. Bei der in der Stadt gestauten Hitze und der Entfernung fiel mir der Entschluß nicht leicht, aber als ich bei der Hotelsuche dort durch bin pulsierte da noch das Leben. Die Betonung liegt auf noch, denn als ich endlich dort bin sind alle Läden dicht, nur noch wenige Leute unterwegs und die wohl alle Richtung Heimat. Mist. Es ist 18:30 Uhr und ich bin eine halbe Stunde zu spät dran ….

Also erfolglos zurück zum Hotel. Auf dem Zahnfleisch kriech ich ins Bistro, zum Wecken der Lebensgeister ein paar kalte Bier und ein Salat mit Hühnchenfleisch. Etwas gestärkt, aber todmüde fall ich im Zimmer auf’s Bett und bin in Kürze eingeschlafen.

19.04.2010 Montag

Hermosillo – Nogales – Caborca 490 KM

Ca. 250 km trennen mich heute morgen noch von der nächsten Möglichkeit das Permisio für’s Mopped los zu werden. So gegen Mittag sollte ich beim berühmten Kilometer 25 vor Nogales ankommen, aber irgendwie bin ich jetzt schon aufgeregt. Wird es klappen oder fahre ich auch nach Nogales völlig umsonst und muß den nächsten Versuch dann in Sonoyta starten ??

Lag gestern noch bei strahlend blauem Himmel eine brütende Hitze über dem Land, so ist es bei meinem Start jetzt wesentlich angenehmer. Allerdings ist der Himmel auch bedeckt und wird im Laufe der Zeit zunehmend dunkler. Die MEX 15 führt schnurgerade nach Norden. Ganz allmählich beginnt es zu nieseln, während ich zu meiner großen Überraschung mitten in der Wüste ein paar Kilometer lang an Rebstöcken vorbei fahre.
Der Nieselregen wird immer stärker und bevor die Gischtwolken der vielen Lastwagen die Motorradklamotten endgültig durchweichen, halt ich bei nächster Gelegenheit an und zieh mir die Regenkleidung an. Danach dauert es aber nicht lange und der Nieselregen hört auf und bald danach ist auch die Strasse wieder trocken. Da der Himmel weiterhin bedeckt bleibt und die Temperatur eher gegen „kühl“ tendiert behalt ich die Regenkleidung weiterhin an.

Regenwolken über der Wüste

Nach etwas über 170 Kilometern komm ich zum ersten Mal wieder durch eine Ortschaft. Hier in Santa Ana zweigt von der MEX 15 die MEX 2 nach Westen ab. Auf dieser muß ich später lang wenn ich der Grenze entlang fahre um zurück zur Baja California zu kommen. Doch zunächst muß ich nach knapp 100 Kilometer auf der MEX 15 nach Norden und mach daher in Santa Ana vorsichtshalber den Tank wieder voll.
War aber unnötig, denn auf den nächsten 40 Kilometern komm ich noch durch zwei größere Ortschaften durch. In denen gibt es nicht nur Tankstellen, sondern mehrere Agenturen bieten Kurzzeitversicherungen für die USA an. Beruhigend. Sollte ich doch ausreisen müssen, könnte ich mir wenigstens kurzfristig die notwendige Haftpflichtversicherung für das Motorrad besorgen, oder gelten die nur für Mexicaner ??

Ohne vorherige Ankündigung taucht plötzlich mitten in der Pampa an der linken Straßenseite ein großes Zollareal auf. Die Banjercito in einer winzigen Blechhütte am rechten Straßenrand hätte ich fast übersehen. Einen so großen Kontrast zur Banjercito Empalme kann man sich kaum vorstellen.

Der junge Beamte in der Hütte frägt mich ob ich in die USA ausreisen möchte und erst als ich bejahe, bequemt er sich aus der Hütte heraus und ist bereit das Permisio entgegen zu nehmen. Akribisch wird die Fahrgestellnummer der KLR mit dem Eintrag auf dem Permisio verglichen und dann zur Sicherheit noch ein paarmal fotografiert. Nachdem Alles für in Ordnung befunden wird verschwindet er in seiner Hütte, haut wie wild auf eine Computertastatur ein, verziert mein Permisio mit einem Stempel und versorgt es in einem Ordner. Danach druckt er die Ausfuhrquittung aus und drückt sie mir in die Hand. Es ist etwa 11:00 Uhr, ich bin endlich das Permisio los und total Happy.

Ich fahr weiter Richtung Nogales, denn kurz vorher geht eine Dirtroad via Las Borregas nach Saric ab und von dort aus will ich zur MEX 2. Trotz intensiver Suche und herumfragen find ich diese Straße nicht, sondern lande immer in Sackgassen. Mist. Muß ich doch auf der MEX 15 zurück und dabei wieder durch den Zoll, das passt mir garnicht. Bevor ich am Zoll dumme Fragen beantworten muß ignoriere ich die Fahrspur für Ausländer, ordne ich mich einfach in die Spur für Mexicaner ein und fahr durch. Die Zöllner nehmen keine Notiz von mir.

Vor Magdalena de Kino verpass ich die Abfahrt in den Ort, muß deshalb etwas querfeldein fahren um nicht in der Mautstation zu landen und finde, mehr zufällig als bewußt gesucht, die Nebenstraße die zur SP 84 führt. Über diese Strecke kann ich den mautpflichtigen Teil der MEX 2 umfahren und entkomme auch dem starken Lastwagenverkehr.
Es geht wieder durch völlige Einsamkeit, aber durch eine Wüste die blüht und grünt. Wunderschön an zu schauen.

Die Wüste blüht
Die Bewölkung lichtet sich
Strauch- und Stachelzeug
Ein Anflug von Grün

Die dunklen Wolken die dieses Wachstum ermöglichen verschwinden immer mehr und beim Tanken in Oquitua trenn ich mich wegen der erheblich angestiegenen Temperatur von meiner Regenkleidung. In Altar komm ich auf die MEX 2 und nach der Einsamkeit der letzten mehr als hundert Kilometer – bin lediglich 2 LKWs begegnet – herrscht jetzt bis Caborca geradezu dichter Verkehr.

Caborca ist die letzte größere Stadt für die nächsten 160 Kilometer und da es schon später Nachmittag ist, ist es auch an der Zeit ein Hotel zu suchen. Natürlich fahr ich zuerst im falschen Stadteil rum, aber als ich mich entschließe Richtung Zentrum zu fahren, find ich ziemlich schnell etwas in meiner Kragenweite.

Hotel in Caborca

Der etwa 40 jährige Hotelbesitzer spricht sehr gut Englisch, ist allerdings sehr reserviert und verlangt 500 Peso Kaution obwohl das Zimmer nur 250 Peso kostet. Sehr ungewöhnlich, aber da das Zimmer vollkommen in Ordnung und sogar Wlan vorhanden ist, geh ich darauf ein.
Als ich das Gepäck vom Motorrad ablade kommt der ca. sechzehnjährige Sohn vorbei, will einiges über das Motorrad und meine Reise wissen. Er ist in den Staaten geboren und aufgewachsen, spricht deshalb gut Englisch und will, ebenso wie sein Vater, das Hotel von seinem Vater übernehmen. Eine Berufsausbildung macht er daher nicht, sondern hilft im Hotel mit.
Fast eine Stunde unterhalten wir uns, dann wird er von seinen Eltern zum Essen gerufen. Ich checke dann das Motorrad – Ölstand, Kettenspannung, lose Schrauben etc. – und verschwinde danach unter der Dusche.
Da mich so allmählich der Hunger plagt und ich keine Lust hab die halbe Stadt nach einem Restaurant ab zu klappern, frag ich den Hotelbesitzer was er mir empfehlen kann. Er ist wie ausgewechselt. Freundlich und redselig. Er empfiehlt mir ein mexicanisches und ein chinesisches Restaurant. Ich entscheide mich für den Chinesen und er erklärt mir den Weg. Es ist nicht allzuweit weg und leicht zu finden. Die Portion ist groß, schmackhaft und preiswert. Wirklich eine gute Empfehlung.
Ich nehm mir noch eine Dose FeierabendVerdientBier mit ins Hotel, nutze das Wlan für die Bekanntgabe der Befreiung vom Permisio und hau mich dann auf’s Ohr.

20.04.2010 Dienstag

Caborca – Mexicali 427 KM

Bevor ich mich für die kleine Rundreise weiter auf die Socken mache, muß ich mich in Caborca erst noch mit Bargeld versorgen und fahr deshalb in die Stadt um eine Bank mit Geldautomat zu suchen. Die zu finden ist nicht besonders schwer, aber ich bin wiedermal der viel zu frühe Vogel denn die Banken sind alle noch geschlossen.
Da Caborca auch einen sehenswerten „Templo“ haben soll – so jedenfalls wurde mir das von meinen Gastgebern verklickert – mach ich mich erstmal dorthin auf den Weg. Die Kirche steht ziemlich einsam auf einem riesigen Platz am Rand der Stadt. Sie mag historisch bedeutsam sein, aber um sie zu fotografieren find ich sie nicht beeindruckend genug, schon garnicht, um bei der schon jetzt glutofenartigen Hitze über den Platz zu laufen und sie zu besichtigen. Wieder zurück zur Bank, sie ist jetzt geöffnet, ein paar Scheine aus dem Automaten gezogen und ab auf die MEX 2 um mich vom Fahrtwind kühlen zu lassen.

Die Straße führt Richtung Nordwesten, am Rande eines Gebirgszuges entlang und bis zur nächsten nennswerten Häuseransammlung (Sonoyta) liegen etwas über 160 km der Sonora-Wüste vor mir.

Zwischen Caborca und Sonoyta
– dito –
* Gelber Engel * der Wüste
Hinter dem Zaun liegt das Land der unbegrenzten Möglichkeiten

Sonoyta ist eine typische, staubige, dreckige, nordmexicanische Kleinstadt. Das es eine Grenzstadt zur USA ist, wird bei der Durchfahrt deutlich. Geschäft an Geschäft, vollgepflastert mit Reklameschildern in Englisch, sehr viele Autos mit US-Nummernschildern und zahlreiche herumlungernde Mexicaner. Obwohl ich nur zum Tanken anhalte spür ich eine merkwürdige Atmosphäre in der Stadt.
Kurz vor der Grenze zur USA biegt die MEX 2 scharf nach links ab und nach wenigen hundert Metern ist man aus der Stadt draußen und fährt in einem Abstand von ca. 50 Metern an einem niegelnagelneuem Zaun vorbei. Es ist der über 1000 km lange Grenzzaun zwischen Mexico und der USA, den die USA – ungeachtet aller mexicanischen Proteste – 2009 fertig gestellt hat. Das Ganze erinnert stark an den Grenzzaun zur ehemaligen DDR, fehlen nur noch die Wachtürme mit den schießwütigen US-Vopo’s, aber für den „virtuellen“ Zaun der den Rest der Grenze schützen soll werden ja welche gebaut, wenngleich diese ja nur mit Elektronik „bemannt“ werden. Wie hatte doch die USA gegen die Einzäunung der DDR gewettert …..

Etwa 30 km geht es schnurgerade an dem Grenzzaun entlang, dann schwenkt die Straße etwas von der Grenze ab und führt am Rand der Desierto de Altar entlang.

Die ersten Dünen tauchen am Horizont auf
Selbst den Kakteen ist es zu trocken
Da würd ich gern quer durch
Etwas näher herangezoomt
38 Grad Hitze liegen über dem Land
Eintönig ??

Auch wenn es fast nur stur geradeaus geht, ist die Fahrt durch die Wüste wie immer ein grandioses Erlebnis. Ich kann mich an dieser Landschaft einfach nicht satt sehen. Die wenigen Wege die von der MEX 2 in die Wüste abzweigen sind immer eine große Verlockung der ich gern nachgeben würde, doch nicht allein …..

Die Berge rücken näher
Erste Kurven

Als es nach langer Fahrt durch die Ebene wieder mal etwas bergauf führt, wird der Fahrspaß durch eine lange Baustelle eingebremst. Die Fahrbahn ist komplett aufgerissen und die ganze Bergaufstrecke ist ein einziger Slalom zwischen Baumaschinen, Lastwagen und Gruppen von Bauarbeitern. Die Bergabstrecke nach dem „Pass“ ist von Lastwagen blockiert, denn in der Ebene ist eine Kontrollstelle an der die Soldaten tatsächlich mal ihrer Aufgabe nachgehen und damit für einen kilometerlangen Stau sorgen. Ich fahr an der Autoschlange vorbei und werd anstandslos an der Kontrollstelle durchgewunken.
Die nächsten Kilometer bin ich dann völlig allein auf weiter Flur und kann mich dem Reiz der Wüste nochmal völlig hingeben, denn der Verkehr hinter mir wird ja aufgehalten.

Dünen und Berge treten zurück ….
…. nur noch Weite
Zarte Blüten
Der Grenzzaun …
verliert sich in der Ferne
Farbtupfer

Die MEX 2 nähert sich dann wieder der Grenze und führt die noch gut 60 Kilometer bis San Luis Rio Colorado am Grenzzaun entlang. Schnurgerade geht es durch das langgezogene San Luis durch. Es ist praktisch eine stark vergrößerte Ausgabe von Sonoyta, mit vielen Bars und reichlich mehr Verkehr und Trubel.
Hinter San Luis wird die MEX 2 vierspurig, mautpflichtig – ohne Chance dieser zu entgehen -, ist beidseitig eingezäunt und es herrscht sehr starker Verkehr, der bis Mexicali zweimal durch Militärkontrollen aufgehalten wird. Von mir will man jeweils nur wissen wo ich hin will und winkt mich dann durch. Da ich nicht nach Mexicali reinfahren möchte um ein Hotel zu suchen, bieg ich vorher in eine Vorstadt ab, werd dort aber nicht fündig, denn sie entpuppt sich tatsächlich als reine Schlafstadt mit quartierweise umzäunten bzw. hinter Mauern versteckten Reihenhäusern. Kommt mir vor wie eine Ansammlung von Gefängnissen, aber so präsentieren sich ja viele Wohnsiedlungen des Mittelstandes.
Es bleibt mir daher halt doch nichts anderes übrig als nach Mexicali rein zu fahren. Im Gewerbegebiet am Stadtrand werd ich schon fündig.

Kaum zu übersehen, das ist ein Hotel
Schön großes Zimmer
Zweifelhafte Elektroinstallation für die Dusche

Hinter einem Einkaufszentrum – das sich allerdings statt als Supermarkt als Baumarkt entpuppt – ist unübersehbar ein großes Hotel. Zwar führt die Zufahrt an Bauschutthügeln und entsprechenden Gerätschaften vorbei, so das nicht sicher ist ob das Hotel diesen auch zum Opfer fallen soll, aber einen Versuch ist es wert. Tatsächlich kommt hinter einer wild kläffenden Trethupe ein Mann mit einem Schlüsselbund wie ein Gefängniswärter, öffnet eines der Zimmer und meint für 250 Peso könnt ich drin nächtigen. Hätte nicht gedacht das ich so schnell und relativ preisgünstig fündig werde. Da in der Nähe des Bauzentrums auch ein Restaurant zum Abendessen einlädt ist die Sache gebongt. Die Elektroverkabelung im Bad ist zwar etwas fragwürdig – die Anschlußkabel des Durchlauferhitzers sind über dem Waschbecken mit frei hängenden offenen Enden verdrillt -, aber da da ja nur 110 Volt anliegen wird das wohl den hiesigen VDE-Bestimmungen entsprechen.

Die Dusche liefert auf jeden Fall ausreichend erhitztes Wasser, das Restaurant einen guten Salat mit Hühnchenfleisch und kaltes Bier. Also kann ich sauber und gestärkt noch einen Spaziergang durch dieses Viertel einer der gefährlichen Grenzstätte Mexicos machen, aber dieses ist so ausgestorben das nur ich mir gefährlich werden kann und deshalb bald in meinem Hotelzimmer verschwinde.

21.04.2010 Mittwoch

Mexicali – Lazaro Cardenas 439 Km

Bei strahlend blauem Himmel, aber nur 16 Grad, brech ich gegen 9:30 Uhr in Mexicali auf. Ich möchte soweit es geht die MEX 2 vermeiden und suche daher die in der Karte eingezeichnete Nebenstrecke.
Durch Mexicali durch zu fahren ist garnicht so schwierig wie erwartet, denn der Verkehr hält sich in Grenzen und es gibt sogar Straßenschilder die die Richtung weisen.
Leider nur zur MEX 2 und nicht zur Nebenstrecke. Ich bieg daher nicht nach links ab, sondern fahr nach bewährter Manier gemäß Himmelsrichtung geradeaus. Es dauert dann nicht lange bis ich die Stadtgrenze erreiche, eine vielversprechende Straße in die richtige Richtung führt und am Horizont in einiger Entfernung eine Siedlung erkennbar ist.
Kaum ist die Bebauung zu Ende, bekomm ich einen recht heftigen, kühlen Wind zu spüren. Nach ca. 10 Kilometern erreich ich die Siedlung und stell fest das es eine „Mittelstandsschlafstadt“ von Mexicali ist. Die Straße führt zwar in die Trabantenstadt rein, aber ich finde keine die wieder raus und weiter führt.
Nach einiger Zeit geb ich mich geschlagen, brech ich die Suche ab und fahr nach Mexicali zurück. Auf dem Weg zur MEX 2 komm ich an einem großen Einkaufscenter vorbei. Gute Gelegenheit um sich mit Verpflegung für den Tag ein zu decken und sich einen Frühstückskaffee zu gönnen.

Trabantenstadt
Mit Vollgas bergab

Die MEX 2 läuft schnurgerade vierspurig am Rand eines Gebirges entlang, genau auf einen Gebirgszug zu. Der Wind kommt genau von vorn, wird immer heftiger und schließlich so stark das ich auf einer langen Gefällstrecke trotz Vollgas nicht über 80 km/h raus komme.

Im Tal ist eine Kontrollstelle des Militärs. Die Jungs sind dick eingemummelt und nehmen ihren Job ernst. Ich muß anhalten, absteigen. Beim Absteigen werd ich vom Wind fast umgeweht und muß mich gegen ihn lehnen um überhaupt stehen bleiben zu können. Es ist saukalt und wegen des Windes muß man schreien um sich zu verständigen. Ich soll meine Packtaschen zur Kontrolle öffnen. Kommt überhaupt nicht in Frage, denn ich hab keinen Bock meinem dann wahrscheinlich vom Wind verwehten Gerödel in der Pampa hinterher zu hecheln. Befehl und Verweigerung wechseln sich einige Zeit ab, dann schlag ich einen Deal vor, denn so allmählich hab ich eiskalte Hände. Der Soldat schreit „open“, ich schrei nicht mehr „no“, sondern „hot coffee“, denn daran will ich mir die Finger wärmen.

Nach einer Viertelstunde vergeblichen hin- und herschreiens verzichtet er auf sein „open“ und will in den Tankrucksack schauen. Ich mach den Reißverschluß ein kleines Stück auf, laß ihn reinspähen und seine Finger reinstecken. Er ist zufrieden seine Kontrollfunktion ausgeübt zu haben und läßt mich ohne Kaffee fahren. Fast hab ich Mitleid mit ihm. Er muß weiter bei diesem Wind in der Kälte seinen Scheißjob machen, ich kann weiterfahren und die Heizgriffe einschalten.

Die Straße windet sich jetzt vierspurig in zwei völlig getrennten Fahrbahnen durch eine atemberaubende Landschaft die Berge hinauf. Doch ich kann weder die Landschaft noch die Kurven genießen. Der Wind beutelt mich derart hin und her das ich die gesamte Breite beider Fahrspuren brauche um auf der Straße zu bleiben. Sowas hab ich noch nie erlebt. Ich hab überhaupt keine Chance die Spur zu halten und Glück das der Verkehr so gering ist und kein Gegenverkehr kommen kann, denn sonst hätte ich da öfter Begegnungen der unangenehmen Art, im schlimmsten Fall sogar nur einmal.

Die gesamte Straßenbreite für mich
Photohalt im Windschatten
Ausnahmsweise mal klare Fernsicht
Sieht so schön harmlos aus
Wasserversorgung für Mexicali
Natürliche Bruchsteinmauer

Etwas Gutes hat der heftige Wind, die Fernsicht ist für hiesige Verhältnisse phänomenal gut. Der sonst übliche Schleier über der Landschaft ist weggeweht. Allerdings verheist dieser Fernblick in der Richtung in die ich muß nichts erfreuliches, denn dort hängen dunkle Wolken.

Mit jedem Meter den ich Richtung Passhöhe fahre sinkt die Temperatur und ich beschließe daher wenn ich oben bin den Regenkombi an zu ziehen um der Auskühlung durch den Wind zu entgehen. Mit 1300 Meter über N.N. ist der Pass nicht besonders hoch, aber passend zum Namen des Ortes auf der Paßhöhe (Campo Alaska) ist es saukalt (10 Grad), der Wind pfeift unerbärmlich und zu allem Überfluß sind die ehemals dunklen Wolken jetzt kohlrabenschwarz.

Der Name ist Programm

Es wird allerhöchste Zeit sich in die Regenklamotten zu retten und deshalb halte ich bei nächster Gelegenheit an. Doch es ist garnicht so einfach abseits der Straße auf dem durchweichten Boden einen sicheren Standplatz für die KLR zu finden und dann in die wild hin und her flatternde Regenhose und -jacke zu schlüpfen. Ich hab’s noch nicht geschafft, da bricht das Inferno aus. Wüster Regen mit Graupelschauern geht los, die Temperatur fällt noch weiter und innert kürzester Zeit ist von der Umgebung praktisch nichts mehr zu sehen. Heizgriffe auf höchste Stufe und wieder rein in das Inferno.

Es gibt einen Song aus den 70igern von Albert Hammond:
Seems it never rains in southern California
Seems I often heard this kind of talk before
It never rains in California
But girls don’t they warn ya
It pours, man it pours

Oh Mann, es gießt wirklich in Strömen. In der Regenkleidung bin ich auch nicht windschnittiger geworden und so taste ich mich im Blindflug die Paßstraße runter. Dummerweise hab ich kurz vor der Paßhöhe die vierspurige MEX 2 verlassen und fahr jetzt die nur noch zweispurige, kurvigere Nebenstraße, aber umdrehen kommt garnicht in Frage. Jedes Auto und jeder LKW überholt mich und nebelt mich noch zusätzlich mit einer Gischtwolke ein. Über jeden verlorenen Höhenmeter bin ich froh, denn so komm ich wenigstens ganz allmählich aus dem Wind und dem peitschenden Regen raus in ganz „normalen“ Regen mit besserer Sicht.

Das berühmt, berüchtigte Tecate
Nässe, allerdings bei Wärme, fördert Fruchtbarkeit

Eine endlose Zeit vergeht bis ich endlich Tecate erreiche. Dort wird erstmal getankt und dann rette ich mich in den OXO nebenan, genehmige mir einen Kaffee und drück mich fast eine Stunde drin rum um mich auf zu wärmen. Die Hoffnung das sich der zwischenzeitlich etwas nachlassende Regen ganz verflüchtigt, erfüllt sich leider nicht, denn es fängt wieder an richtig zu gießen. Obwohl ich gern wollte, kann ich ja nicht ewig im OXO bleiben und so stürz ich mich halt wieder in die Widrigkeiten der Natur.

In Tecate zweigt die MEX 3 zur Pazifikküste nach Ensenada ab. Diese fahr ich jetzt lang, denn die MEX 3 ist auch als mexicanische Weinstraße bekannt. Tatsächlich geht es durch eine liebliche, hügelige, sehr gepflegte Landschaft. Vorbei an Weinreben, prächtigen Winzerhöfen und durch für Mexico untypisch hübsche, saubere Dörfer. Tja, wo legal Drogen angebaut und verkauft werden können herrscht halt Wohlstand ….

Entlang der Weinstraße
Nur noch ein paar Kurven bis zum Pazifik

Leider begleitet mich der Regen die ganze Zeit. Mal schwächer und dann wieder sintflutartig, aber je mehr ich mich der Küste näher, desto öfter lockern die Wolken auf und es bleibt länger trocken. Kurz vor Ensenada hört dann der Regen ganz auf, dafür wird aber der Wind wieder heftiger.

Kreuzfahrtschiffe in Ensenada
Strand am südlichen Stadtrand

Ensenada hatte ich eigentlich als Tagesziel auserkoren und 16 Uhr ist auch nicht viel zu früh um nach der heutigen Fahrerei wohlverdient die Füße hoch zu legen, aber Ensenada gefällt mir überhaupt nicht. Für eine Stadt dieser Größe zwar sehr aufgeräumt und sauber, gepflegte Fußgängerwege und Promenade, aber durch und durch Amiverseucht. Jeden Meter Werbung für Steaks und Hotdogs, rudelweise Amis unterwegs und natürlich überall das $-Zeichen. Hier komm ich mir wirklich vor wie in Ami-Land, schlimmer als in La Paz. Deshalb mach ich auch nur kurz am Strand eine Pause, schäl mich aus der Regenkleidung, befeuchte mich innerlich, schieb mir etwas zwischen das Kauwerkzeug und dann mach ich mich weiter auf in Richtung Süden.

Regen droht immer noch
Immer wieder geht es über Hügel ….
… etwas höhere
Der Beleuchter gibt alles für die Stimmung
Wein, Quelle des Wohlstands

Die Straße verläßt die Küste, führt in weiten Kurven bergauf und bergab, durch Täler und immer wieder auch vorbei an Weinreben. Doch je weiter südlich ich komme, desto spärlicher werden die Städte und Dörfer, gleichzeitig aber auch immer „mexicanischer“.

Schließlich lande ich in der größeren „Stadt“ Lazaro Cardenas, finde dort in einer Seitenstraße ein annehmbares Hotel – sogar mit WLAN – und beschließe dann den Tag in einem typisch mexicanischen Restaurant mit Pollo, kaltem Reis und undefinierbarem, aber sehr lecker zubereitetem Gemüse.
Bier gibt es in dem Lokal leider nicht, so muß halt ein Erfrischungsgetränk vom nördlichen Nachbarn als (schlechter) Ersatz dienen.

Die Hauptstrasse ….
…. von Lazaro Cardenas

Ein FeierabendVerdientBier ist im ganzen Ort nicht aufzutreiben, aber auf der Suche danach hab ich mir zum Abschluß des Tages wenigstens noch die Füße vertreten. Zum Glück sind die „Bürgersteige“ bei diesem Stadtrundgang schon wieder einigermaßen trocken, denn die noch verbliebenen Schlammlöcher lassen erahnen wie ich vor wenigen Stunden nach so einem Spaziergang ausgesehen hätte.

22.04.2010 Donnerstag

Lazaro Cardenas – Guerrero Negro 419 km

Lazaro Cardenas liegt zwar nicht am Meer, aber nur wenige Kilometer davon entfernt und auch die MEX 1, auf der ich seit Ensenada unterwegs bin, führt bis Campo Viejo in geringem Abstand am Meer entlang, bevor sie dann in die Mitte der Baja abschwenkt. Ich will diese Nähe nutzen um auf einigen der zahlreichen Stichstraßen zum Strand zu fahren und mir von der dort teilweise vorhandene Infrastruktur von RV-Parks, bzw. Restaurants mit Campingmöglichkeit für einen eventuellen Aufenthalt im Herbst ein Bild zu machen. Diese Stichstraßen zum Strand sind jedoch alles Dirtroads und in der Nacht hat es nochmal kräftig geregnet ….
Ich starte den Versuch zum Strand zu kommen ein paar mal. Doch Angesichts der Schlammlöcher die mir regelmäßig vor und unter die Räder kommen geb ich ebenso regelmäßig auf. Nur einmal gelingt mir der Durchbruch zum Strand, sind aber auch nur 300 m und der Feldweg, im Gegensatz zu den Dirtroads, auch nicht von Vierrädrigen aufgewühlt. Als es dann wieder anfängt zu regnen, stell ich die Versuche ganz ein, quäl mich in die Regenbekleidung und mach Kilometer.

Keine Dünen, sondern Gewächshäuser
Am Meer lang
Ordentliche Brandung
Strand Richtung Süden ….
…. Norden
Sieht trockener aus als es ist

Nachdem die Straße die Küste verläßt hört der Regen ganz allmählich auf und die Wolken werden wieder heller. Am Bewuchs ist auch erkennbar das es hier sonst sicher nicht so oft und ergiebig regnet. Trotzdem tauchen ab und zu diese gigantischen Gewächshäuser(zelte ?) auf deren Inhalt sicher auch Wasser braucht. Was da drin wächst ist allerdings überhaupt nicht aus zu machen. Siedlungen, Dörfer kann man dazu kaum sagen, gibt es nur noch alle 50 bis 70 Kilometer, dafür aber irgend wann mal ein großes Schild mit dem Hinweis das die nächste Tankstelle erst in 300 Kilometern kommt. Na Klasse. Die letzte Tankstelle liegt schon etliches hinter mir. Zum Glück hab ich da getankt und so müßte ich mit meinem Spritvorrat grad so hin kommen.

Abseits der Küste
Die Pflanzen werden selten mit viel Wasser verwöhnt
Nach 100 km geradeaus brauchts das
Zur Abwechslung mal Hügel

Nachdem der Regen aufgehört hat und die Wolken immer heller wurden, hab ich mich optimistisch aus der Regenkleidung geschält, doch kaum fahr ich auf die am Horizont auftauchenden Berge zu werd ich von oben schon wieder eingenäßt. Gut, waren immerhin fast 50 km ohne Regen. Schade das das Wetter so schlecht ist, denn so muß ich auf einige Ausflugsziele (Parque Natural del Desierto Central, Mision Santa Maria etc.) abseits des Asphalts verzichten, denn ohne Wasser und Verpflegung im Schlamm der Einsamkeit stecken zu bleiben ist sicher kein Vergnügen. So entfällt auch der Besuch des Observatoriums auf den nahen Bergen.

Die Berge sind den Wolken zuviel, sie müssen sich entleeren
Hier haben Riesen nach dem Murmelspiel ein paar liegen lassen
Die Murmeln liegen 10 km links und rechts der Straße

Seit dem letzten Tanken bin ich rund 250 km unterwegs und bis zur nächsten Tankstelle in Guerrero Negro sind es noch über 100 Kilometer. Das könnte knapp werden, aber am Straßenrand verweist ein verrostetes Schild auf eine Tankstelle im nächsten „Ort“.
Tatsächlich ist am linken Straßenrand auch eine Pemex-Zapfsäule, aber es braucht das Schild „cerrado“ nicht um zu erkennen das da schon lange kein Sprit mehr raus kommt. Zum Glück nutzt ein Mexicaner die Gelegenheit sich ein paar Pesos zu verdienen und verkauft Benzin aus dem Faß bzw. Kanister. 5 Liter laß ich mir in den Tank füllen und der Preisaufschlag gegenüber dem Tankstellenpreis ist mit ca. 0,8 Peso/Liter (= 5 Cent) recht human, beweist aber stark unterentwickeltes Gewinnstreben, denn bei diesem Preisaufschlag wird er wohl nicht jeden Tag ein ordentliches Einkommen erzielen.

Versorgungsstationen für Mann und Maschine
Die Wolken werfen immer noch Schatten
Irgendwo da oben soll ein Observatorium sein
Sieht trocken aus, aber die Erde ist noch naß

Obwohl auch mein innerer Tank einen Cafe gebrauchen könnte, mach von dem Versorgungsangebot des Cafes keinen Gebrauch, denn der Tag ist doch schon etwas fortgeschritten und es liegen ja noch etliche Kilometer vor mir . Nach wie vor kann der Himmel sein Wasser nicht immer halten. Aber nachdem sich die Straße wieder der Pazifikküste nähert nimmt auch der Wind immer mehr zu und bläst die Regenwolken schnell ins Landesinnere.

Leben inmitten der Einsamkeit
Hotelparkplatz in Guerrero Negro

Etwa 5 km vor Guerrero Negro verläuft der 28. Breitengrad und damit die Grenze zwichen Baja California Norte und Baja California Sur. Markiert wird dieser Punkt durch ein 43 m hohes Stahlmonument welches einen – für mich nicht erkennbar – symbolisierten Adler darstellen soll. Außerdem gibt es dort eine Militär­basis, eine Tank­stelle und das wohl recht exklusive La Pinta Hotel.
Vorsichtshalber tanke ich, da ich keine Ahnung hab ob es in Guerrero Negro eine Tankstelle gibt. Fast 21 Liter gehen in den Tank. Ohne die „Kanistertanke“ wär ich wohl unterwegs wegen Spritmangel liegen geblieben ……

Gegen 19 Uhr lauf ich in Guerrero Negro ein. Diese Stadt soll über 10.000 Einwohner haben, hat eine dementsprechende Ausdehnung, aber so etwas wie ein Stadtzentrum find ich nicht. Dafür gibt es jede Menge Hotels, aber irgendwie scheinen die alle nicht mitbekommen zu haben das die Walsaison schon einige Zeit vorbei ist und deshalb auch keine Touristen mehr in der Stadt sind um Zimmer nachzufragen. Die Preise sind deshalb immer noch recht hoch und bei meiner Fragerunde kommen mir 400 Peso inzwischen fast günstig vor, allerdings find ich dann doch noch eines das für seinen mehr als bescheidenen Luxus „nur“ 250 Peso haben möchte. Immerhin funktioniert die Dusche und ich kann mich mitsamt Aluboxen und Packsack drunter stellen und vom Dreck befreien.

Bei meiner Sucherei nach einem Hotel hab ich auch einen Supermarkt und eine mexicanische Pizzeria gefunden. Nach meiner Duschorgie geh ich daher erstmal meine Vorräte aufstocken und dann genehmige ich mir eine überraschend gute Pizza und das absolut notwendige FVB, bzw. sogar zwei. So wie es aussieht bin ich der einzige zahlende Gast des Abend, denn die Clique Freunde des jungen Kochs scharrt sich lediglich um dessen Schlepptop und jeder ist begierig darauf auch mal ein paar Minuten spielen zu dürfen.
Es ist schon stockdunkel als ich den Heimweg zum Hotel antrete. Es ist angenehm kühl und außer den Straßenkötern und mir niemand mehr unterwegs.

23.04.2010 Freitagtag

Guerrero Negro – Loreto 418 KM

Am Morgen zeigt der Blick vom Hotelfenster einen dicht bewölkten Himmel. Da mein Schlaule 19 Grad meldet und die Wolken auch nicht strahlend weiß sind, hüpf ich gleich in die Regenkleidung. Es geht mehr oder weniger geradeaus über eine weite Ebene in südöstlicher Richtung quer über die Halbinsel.

In Fahrtrichtung dicht bewölkt
Etwas Abwechslung

Nach kaum einer Stunde beginnt es zu regnen und ich bin mehr als froh mich schon vorher ins Plastik gequält zu haben. Die Berge stauen die Wolken und solange ich an ihnen vorbeifahre komm ich in den feuchten Genuß von oben.

Wolkenverdichter
Wohnen inmitten von Palmen und Dreck
Oasenstadt San Ignazio
Leicht angesifft
Ein Kärcher könnte nicht nützlich sein

Die Straße macht dann einen Schwenk quer durch die Berge und kurz vor der in einem Tal liegenden Oasenstadt San Ignazio hört der Regen auf. Zeit um eine Pause zu machen und etwas Flüssiges und Festes als Frühstückersatz zu mir zu nehmen.
Windig und kühl ist es aber immer noch.

Wie ich später erfahre, soll San Ignazio ein sehr relaxtes, hübsches Dörfchen mit einer imposanten Missionskirche sein. Von Januar bis März ist es auch Ausgangspunkt zu Walbeobachtungen in der gleichnamigen Lagune. Da das Dorf etwas abseits der MEX 1 liegt, komm ich nur durch die unattraktive Randzone und merk daher nicht das ich die Pause wohl auch noch etwas besser hätte nutzen können.

Aber das ist ja die Krux auf jeder Reise, nachher weis man (fast) immer alles besser. Es hilft zwar sich vorher in einem Reiseführer schlau zu machen, aber alles weis so ein Teil ja auch nicht und direkt vor Ort entdeckt man zum Glück ja manchmal auch selbst einige Highlights, oder eben auch nicht …….

Zeltgewächshäuser
Hab ich dieses Gewässer nicht schon mal gesehen ?

Im Tal von San Ignazio komm ich auch wieder an riesigen „Zeltgewächshäusern“ vorbei, bevor es dann eine kurze Strecke über eine Hügelkette geht, von der aus man hin und wieder einen Blick auf den Golf von Kalifornien (Mar de Cortes) erhascht.
Ein paar Kurven später bin ich am Meer und nach ein paar Minuten ist Santa Rosalia erreicht. Vor knapp 14 Tagen – genauer, am 11.04. – bin ich bei meinem ersten Besuch der Baja ja in dieser Stadt mit der Fähre angekommen. Das „Neuland“ der Baja California liegt jetzt also hinter mir und bis La Paz wird ab jetzt wieder bekannter Asphalt unter die Räder genommen. Aber bei meiner ersten Fahrt Richtung Loreto funktionierte die Digicam ja nicht, deshalb werden alle damaligen Photostops jetzt nachgeholt, denn dieser Teil der Baja-Küste ist einfach zu schön um ihn nicht in Bildern fest zu halten.

Santa Rosalia ist allerdings auch beim zweiten Hinsehen nicht besonders fotogen – zumindest bei der Durchfahrt entlang der Küstenstraße – soll aber im Stadtzentrum eine interessante Bebauung haben und auch eine 1889 von Gustave Eiffel für die Weltausstellung in Paris gebaute Kirche hat hier ihre Heimat gefunden. Doch den Weg ins enge und steile Zentrum spar ich mir, ebenso wie Bilder von dem vor sich herrostenden Industiemuseem der alten Kupfermine.

Santa Rosalia
Ausblick am südlichen Stadtrand

Am südlichen Ortsausgang von Santa Rosalia führt die Strasse steil bergauf und führt dann als schöne Panoramastraße die Küste entlang. Da der Himmel inzwischen fast Wolkenfrei ist und die Temperatur angenehme 25 Grad erreicht hat, ist es Zeit sich aus dem Plastik zu schälen und den dafür notwendigen Stop zu einer Pause aus zu dehnen und die Aussicht zu genießen. Lediglich der immer noch recht kräftige Wind stört etwas.

Küstengebirge
Oase Mulege
Makabre Kunst am Ortsausgang ….
… etwas Antiamerikanisch

Das Oasenstädtchen Mulege liegt etwas landeinwärts an der buchtartigen Mündung des Rio Mulege, etwas abseits der MEX 1. Da dies ein sehr hübscher und relaxter Ort sein soll, fahr ich rein und mach eine Stadtbesichtigung vom Motorrad aus. Jetzt um die Mittagszeit ist Mulege tatsächlich sehr relaxed, denn kein Mensch ist auf den Straßen, kein Verkehr in den engen Gassen und daher ist es ungewohnt ruhig für eine mexicanische Kleinstadt. Die engen Straßen und Gassen sind sauber, die Häuser gepflegt und hübscher Blumenschmuck verziert die Fensterbänke. Wirklich ein Kleinod. Die touristische Zone von Mulege liegt am anderen Flußufer und zieht sich Richtung Meer an der Bucht und etwas an der Küste lang. Dort ist es deutlich „gesichtsloser“, aber die vielen Palmen lassen auch diesen Stadtteil noch hübsch erscheinen.

Keine Insel, sondern Bucht unterhalb von El Tiburon
Geschützter Strand und Inseln in der Bucht
Freier Strand zum Campen
Weiterer freier Strand ….
… mit etwas mehr touristischer Infrastruktur
Praktisch in jeder Bucht ein Strand zum Abhängen
Schöne Aussicht für den Schutzpatron
Strand mit weniger ….
…. und mehr Einsamkeit
Natürliches Kunstwerk
Zur Abwechslung wieder ein Strand
Kakteenbucht
Mal etwas weg von der Küste
Gänsefarm
Blick auf Loreto

Trotz der vielen Photostops bin ich gegen 17 Uhr in Loreto und lauf das Hotel meines letzten Aufenthalts an. Da ich mich ja auskenne, fahr ich gleich durch den Hintereingang auf den Hof. Im Hotel hat sich inzwischen einiges getan. Die Überdachung des Innenhofs ist fertig, die Rezeption ist eingerichtet und den Innenhof schmücken ein paar Holzarbeiten des Juniorchefs. Ich bekomm wieder mein altes Zimmer, auch zum Preis vom letzten Aufenthalt, obwohl ich merk das Junior auch mir gern die 50 Peso mehr abknöpfen würde die er von den neuen Gästen – einem holländischen Päarchen und einem jungen Deutschen – für die Zimmer verlangt.

Von Patty, einer ca. fünfzigjährigen Amerikanerin die zum ersten Mal in ihrem Leben ihren Heimatort verlasen hat und seither schon seit etlichen Monaten in dem Hotel wohnt, erfahre ich, daß in den letzten Wochen auch in Loreto das Wetter ungewohnt kalt und regnerisch gewesen ist, es jetzt aber wieder besser werden soll. Da will ich doch hoffen das ich heute zum letzten Mal die Regenklamotten an hatte.

24.04.2010 Samstag

Loreto 0 km

Gestern Abend hab ich noch einige Zeit im Internet verbracht und alle Foren gecheckt in denen ich nach einer Unterstellmöglichkeit für das Mopped nachgefragt hab. Aber außer mehr oder weniger holem Gelabere war kein brauchbarer Hinweis eingegangen. Also muß ich doch in den sauren Apfel beißen und die KLR in dem recht teuren RV-Storage unterstellen. Nachdem dies klar war, wollt ich gleich bei Condor meinen Rückflug nach Frankfurt buchen. Die Internetseite zeigte für den Flug Cancun – Frankfurt am 12.05. noch freie Plätze an, ließ sich aber ums verrecken nicht zum Buchen des einfachen Fluges überreden. Deshalb ging sofort eine Mail von mir an Condor und heute war schon die Antwort da.
Als Charterfluggesellschaft dürfe Condor keinen Liniendienst anbieten und daher sei der Flug Cancun-Frankfurt als Einzelstrecke online nicht buchbar, ich könne aber über das Condorbüro in New York buchen. Die entsprechende Mailadresse wurde freundlicherweise in dem Schreiben angegeben. Also gleich den ganzen Mailsalat an das Condorbüro in New York weitergeleitet und meinen Buchungswunsch noch mal kundgetan.

Nach diesem administrativen Tagesbeginn beschließ ich einen Ruhetag ein zu legen und geh dann erst mal los um mir ein Frühstück zu gönnen. Danach such ich eine Lavado um mein Mopped von der Dreckkruste zu befreien. In der näheren Umgebung werd ich aber nicht fündig und müsste deshalb wohl in den Gewerbegebieten am Stadtrand suchen, aber ich hab keine Lust mich heute auf’s Motorrad zu setzen, sondern genieß den wolkenlosen Himmel und die endlich wieder wohlige Wärme von fast 30 Grad beim gemütlichen Bummel durch die Stadt und am Strand.

Am Abend hab ich Antwort vom Condorbüro New York. Auch über sie könne ich den Flug nicht buchen, das Ganze sei ein Mißverständnis ….

25.04.2010 Sonntag

Loreto – La Paz 352 KM

Da ich die Strecke nach La Paz vor zwei Wochen schon einmal unter die Räder genommen hab und diese landschaftlich ja auch nicht besonders reizvoll ist, bin ich heute praktisch in einem Rutsch durchgefahren. Aufgehalten hat lediglich die Baustelle vor dem Anstieg zur Hochebene, die inzwischen noch um einige Kilometer länger geworden ist.
Auf halben Weg zwischen Cuidad Constitucion und La Paz mach ich einer Tankstelle Rast, besorg mir nebenan im OXO eine Kaffee und während ich diesen in mich reinschlürfe donnern auf der Straße einge merkwürdig aussehende Fahrzeuge mit lautem Röhren vorbei.

Rallye-Buggy mit Begleitfahrzeug

Eines dieser Fahrzeuge biegt zur Tankstelle ab, im Schlepp einen massiv aufgemotzten PickUp und einen PKW als Begleitfahrzeuge. Eine komplette mexicanische Ralleymanschaft – inklusive der wohl unverzichtbaren Busenwunder – springt aus den Fahrzeugen und ist dann lauter als die vorbeidonnernden Konkurrenten. Leider will oder kann von der Mannschaft niemand Englisch palavern, aber ich bekomm aus ihnen raus das in La Paz demnächst eine Ralley startet.
Danach ist mir auch klar warum ich heute in der Wüste so viele Staubwolken gesehen hab. Da scheinen einige schon eifrig zu trainieren.

Am frühen Nachmittag, d.h. so gegen 16 Uhr bin ich wieder in La Paz. Neun Tage und 3062 km (+ ca. 200 km auf der Fähre) war ich jetzt unterwegs nur um hier die KLR jetzt „legal“ stehen lassen zu können. Der MT21-Vorderreifen ist total fertig – kein Wunder, hat als Stollenreifen ja praktisch nur Straße gesehen – und muß dringend einem Neuen weichen.

In La Paz lauf ich heute nicht die Pension California an, sondern die um die Ecke liegende Pension Missiones. Diese ist zwar praktisch der Doppelgänger der Pension California, weder preiswerter noch komfortabler, steht aber nicht in der „Bibel der Backpacker“ und daher versprech ich mir dort etwas mehr Ruhe. Das Einchecken dort beginnt sehr vielversprechend. Im ersten Zimmer funktioniert die Leuchtstoffröhre im Bad nicht, also Umzug in ein Anderes. Dort streikt nach 10 Minuten der Miefquirl (= Deckenventilator), aber was soll’s, gibt wohl genug freie Zimmer, also wieder Umzug in ein Anderes. Ansonsten ist die Bleibe aber ganz OK. Wie erwartet ist es viel ruhiger. Außer mir sind nur noch ein Ami und drei, vier ältere Mexicaner Gäste des Hostels und deren Zimmer sind weit weg von meinem.

Nach dem Zimmerbezug mach ich mich auf zur Küstenstraße, d.h. zur Strandpromenade, und wie an einem Sonntagabend nicht anders zu erwarten tanzt dort der Bär. Na ja, sind natürlich wieder tanzende, zur Fülle neigende Mexicanerinnen, Schmuckverkäufer, Schuhputzer, Straßenmusikanten, Spaziergänger, Skatebord- und Fahrradfahrer etc.. Zwischen dem ganzen Gewusel donnern lautstark Rallye-Buggies und Enduros rum. Kein Mensch regt sich darüber auf, sondern es wird geklatscht und gewunken. Selbst die eigentlich für die Ordnung zuständigen Polizisten jubeln mit.
In Höhe des Hotels Mediterrane ist die Straße abgesperrt. Dort reihen sich auf beiden Strassenseiten die Zeltlinge der Rallyeteams, in der Straßenmitte steht ein großes Gummiportal. Da davor reihen sich die Fahrzeuge und werden einzeln durchgeschleust. Ich bekomm nicht raus was sich dort abspielt, denn die drumrum wogende Menschenmasse ist mir zu dicht um mich da auch noch rein zu drängen. Die Lautstärke die von den Fahrzeugen und dem Publikum erzeugt wird ist auf jeden Fall enorm, die Stimmung bestens. Leider hab ich wiedermal keinen Photoapparat dabei um diesen Trubel im Bild fest zu halten, aber da es schon dunkel ist wären die Bilder wohl eh nichts geworden.

Ich treib mich dort noch etwas rum, begutachte die Fahrzeuge, dann schwenk ich ab in eine Seitenstraße und genieß dort zum Tagesabschluß eine Pizza und zwei FVB.

23. Viertausend Kilometer im Kreis