Der Freitag wurde ganz relaxt verbummelt, lediglich um mein Gepäck hab ich mich etwas gekümmert. Dabei hab ich festgestellt das ich aus Deutschland mehr mitgebracht hab als ich von Mexico aus heimgeschleift hatte. Verdammt! Ich hatte das Gepäck doch etwas abspecken wollen,  jetzt hab ich mehr und sicher ein paar Probleme bei der Unterbringung.
Ansonsten streif ich – bei strahlend blauem Himmel und gut 33 Grad – durch die Stadt und am Malecón entlang.

Es weihnachtet
Etwas sehr üppig geschmückt

Eine Kulisse die einen so garnicht an Weihnachten denken läßt, aber in den Geschäften sind die Zeichen dafür unübersehbar. Lediglich Lebkuchen und Christstollen hab ich noch nicht entdeckt. Dafür Lollis in Form von Weihnachtsmännern.

Es ist fast 12 Uhr als ich am Samstag nach San Antonio fahr. Dort soll ein Artesania Festival stattfinden. Bin mir aber nicht sicher, ob mir Xochitl Diaz Lecona – eine der Mitveranstalterinnen die ich im Mai in La Paz kennengelernt hab – den 13., den 14. oder beide Tage genannt hat.

Unterwegs komm ich am Fahrzeugdepot der Polizia Federal vorbei. Mitten in der Wüste vergammeln da die von der Polizei beschlagnahmten und von ihren Besitzern nicht wieder ausgelösten Fahrzeuge. Ist alles dabei. Vom total zerschredderten Unfallpkw, bis zum recht neu aussehenden LKW.

In San Antonio ist von einer Veranstaltung keine Spur zu erkennen. Ich zeig einem Ehepaar den Zettel mit dem unaussprechlichen Namen, denn Xochitl soll hier angeblich jeder kennen. Die zwei schütteln die Köpfe, ich fahr weiter, denn San Antonio’s gibt es hier noch ein paar. Erst viel später dämmert’s mir, daß die Zwei wahrscheinlich garnicht lesen konnten …..

Beim Wegweiser nach San Antonio de la Sierra hängt tatsächlich ein Plakat. Steht zwar der 14. als Datum drauf, aber ich kann ja mal nachsehen.

Geboten werden Artesanias, Gastronomika und Cultural
Dirtroad, aber ringsum Grün

Kommt mir dann zwar ein bisschen spanisch, äh, mexicanisch vor, aber die Landschaft ist eine Augenweide, es geht bergauf und bergab, nur von einer Ansiedlung ist weit und breit keine Spur.
Ab und zu mal ein Wegweiser zu einer Rancho, eine einsame Hütte, Rinder auf der „Straße“, ansonsten Einsamkeit.
Da die Dirtroad zwar sandig, aber gut fahrbar ist, beweg ich mich über 30 km in das Innere der Baja hinein. Doch dann lassen sich an einem Berghang drei, vier Hütten zwischen dem Grün ausmachen und ich treff auf ein Schild.

San Antonio de la Sierra
Die Sierra la Laguna

Offenbar bin ich in San Antonio de la Sierra angekommen und nicht alleine, denn ein Auto steht auch da. Ein Festival de Arte wird es hier aber wohl kaum geben. Also alles wieder zurück. Natürlich nicht auf direktem Weg, sondern am Abend stehen ca. 250 km auf der Uhr.

Auch Einheimische haben bei der Reifenbeschaffung Probleme

Nachdem Emilo (ein junger KLR-Fahrer, mit dem ich mich in Verbindung setzen sollte wenn ich im November in La Paz bin) bisher nicht auf meine email reagiert hat, versuch ich ihn am Abend telefonisch zu erreichen. Er sollte wegen Reifen und Baja-Ralley eigentlich Bescheid wissen, aber der Versuch war erfolglos.

Am Sonntag geht es dann auf direktem Weg nach San Antonio. Ein großes Pappschild mit der Aufschrift Festival und einem Pfeil der nach rechts weist steht an der durch das Dorf führenden MEX 1. Heute ist das Dorf tatsächlich wach, aber es sind hauptsächlich Amis die durch die Gegend schleichen. Immerhin scheint die betuchte Zielgruppe erreicht worden zu sein.
An zwei Seiten der Plaza sind Verkaufsstände aufgebaut, an einer Seite warten Pferde auf Reiter und an der Anderen Verpflegungsstände auf Hungrige. Die Verkaufsstände der kommerziellen Händler stehen etwas Abseits an der Dorfstraße.

Ein Zebra oder nur angemalt ?
Kommerzielle Ware
Stoff-Kunst
Mal-Kunst
Spezial-Kunst
Recycling-Kunst
Bild- und Draht-Kunst
Bild- und Draht-Kunst
Natur-Kunst
Drahtiger Kaltblüter
Puppenmacherin
Metall- und Druck-Kunst
Druck- und Kommerziell-Kunst

Gegen Mittag beginnt auf der Plaza eine Folkgruppe zu spielen. Allerdings keine mexicanische Musik, sondern Musik aus den Anden. Die Plaza füllt sich zusehends und so ganz allmählich geraten die amerikanischen Besucher zur Minderheit.

junge Dorfschönheit
Folkmusikgruppe
Kulturbus

So ganz allmählich bekomm ich Hunger, geh aber nicht zum Grillstand, sondern hol mir eine Tamalas (in Bananenblätter eingewickeltes und gekochtes Irgendwas). Ist zwar essbar, aber das gegrillte Ziegenfleisch hätte meinem Geschmack sicher mehr entsprochen.

Die männlichsten aller Männer haben inzwischen reichlich Cerveza intus und versammeln sich auf der unteren Dorfstraße um ihre PS gegeneinander antreten zu lassen.

Nimm sofort die Finger weg!
Startvorbereitungen
Mit dem Startgewicht keine Chance
Lässig abgehängt
links die (Mit)Verantwortliche

Gegen 14 Uhr verabschied ich mich und mach auf dem Rückweg noch einen Abstecher nach El Sargento. Eigentlich sind es drei Küstendörfer, die aber so ganz allmählich zusammen gewachsen sind, da immer mehr Amis diesen Küstenabschnitt in Beschlag nehmen.
Verständlich, wer seine Ruhe sucht ist hier – noch – viel besser aufgehoben als in den bekannten Ferienorten im $-Land der Baja, denn außer ein paar mexicanischen Minimärkten und Tacorestaurants gibt es hier nicht.

So ganz gut scheint es den US-Amerikanern wirtschaftlich aber auch nicht mehr zu gehen, denn an einigen Häusern hängt das Schild „for sale“.

Auf der Suche nach Seafood
Reichlich sandig
Bewohnt, zu kaufen, zu mieten
Cabanas und Happy Hour, mehr braucht niemand

Als ich zurück in La Paz die Uferstraße lang fahre, entdecke ich beim Vorbeifahren zwei Motorräder im üblichen Reiseoutfit mit deutschen Nummernschildern. Also wenden, neben den Moppeds parken, beäugen und nach den Eignern Ausschau halten. Die machen sich auf der anderen Straßenseite bemerkbar und kommen zu den Moppeds rüber. Ich lad sie in das direkt davor liegende Restaurant auf ein Bier ein – das sie allerdings dann mir zahlen – und das unter Reisenden übliche woher, wohin, wie lange etc. beginnt.
Als sie sich im Laufe des Gesprächs dann vorstellen, kann ich es kaum glauben. Es sind Andreas & Susanne, d.h. Schrauberprinz und Frau auf ihrer Auszeittour. Ich wähnte sie noch in den USA, denn im Zug hatte ich in der als Reiselektüre mitgenommen MOTORRAD NEWS noch ihren Bericht über den Yellowstone-Nationalpark gelesen. Nie im Traum hätt‘ ich daran geglaubt das mir zwei durch ihre Berichte bekannte Motorradreisende über den Weg fahren würden.

Susanne & Andreas (Schrauber)Prinz
Das Letzte was ich von ihnen sehe ?

Als sie abfahren, schau ich ihnen neidisch hinterher. Ich bin noch garnicht richtig ins Rollen gekommen und sie können sich schon seit Monaten und noch weitere Monate die Reiseerlebnisse teilen.

Übrigens, alle USA-Freaks sollten sich unter http://www.motorradkarawane.de/ die Reiseberichte von Andreas zu Gemüte führen. Da schildert er den American-way-of-live auf so feinsinnige, ironische Weise, daß ich beim Lesen das Gefühl bekam selbst mit dort gewesen zu sein.

Abends versuch ich nochmals Emilio zu erreichen. Als das nicht klappt, beschließ ich doch nicht bis zur Ralley zu warten, sondern so früh wie möglich ins Rollen zu kommen, d.h. die Baja verlassen.
Am Montag fahr ich deshalb nach Pichilingue, erkundige mich bei der Fährgesellschaft wann die Abfahrtszeiten sind, ob Vorbuchung erforderlich ist und nach dem Preis. Letzterer haut mich fast um. Dafür könnt ich die KLR ja fast schwimmfähig umbauen lassen.

Dann geht’s zur Banjercito um sicherheitshalber nochmal ab zu checken von welchen Papieren sie für dieses verfluchte „PERMISIO DE IMPORTACION TEMPORAL DE VEHICULOS“ alles Kopien haben wollen und in wievielfacher Anzahl. Da hat sich leider nichts vereinfacht, obwohl seit April die Touristenkarte geändert wurde und nun zu mehrfacher Ein- und Ausreise berechigt.
Wieder in La Paz will ich nun doch noch meinen Hinterreifen wechseln lassen. Pech gehabt, zu lange gezögert und nun ist dieser Reifen zwischenzeitlich verkauft worden. Der Händler bietet mir an für mich einen zu bestellen. In zwei Tagen sei der da. Wer’s glaubt …, ne, morgen geht’s auf die Fähre. Mazatlan hat mehr als doppelt so viel Einwohner wie La Paz, da wird ja wohl ein Reifen aufzutreiben sein.
Als nächstes kümmer ich mich um sowas einfaches wie die Kopien. Sicherheitshalber frag ich im Hotel wo ich einen finde. Gleich an der nächsten Ecke heißt es. Doch da entdeck ich Nichts. Rein in den nächsten Laden und gefragt. Zuerst lange Gesichter, dann werd ich zum nächsten Block geschickt. Auf der linken Seite soll er sein, doch nada. Kurz und gut, ich werd durch das ganze Viertel geschickt bis sich die letzte Auskunft als richtig erweist. Die gute Frau in dem Laden braucht ganze sieben Kopien bis Vorder- und Rückseite der Touristenkarte auf einer Seite sind.

Eigentlich sollte ich heute noch packen, doch für heute hab ich genug getan. Die Fähre fährt ja erst um 20 Uhr ab, um 18 Uhr soll man vor Ort sein, also ist morgen genug Zeit zum Packen.

Am Morgen geht es erst nochmal nach Pichilingue, denn Permisio und Fährticket sollte ich schon haben bevor ich mich aus dem Hotel verabschiede. Es ist kurz vor 10 Uhr als ich in der Schlange vor dem Schalter der Banjercito stehe. Gestern waren beide Schalter geöffnet und kein Betrieb, heute ist nur ein Schalter besetzt und sieben Leute stehen vor mir. Gegen 11:30 Uhr steh ich endlich direkt vor dem Schalter. Die Frau tippt meine Angaben in den Computer, dann stutzt sie, frägt ob mein Motorrad schon mal in Mexico war und wo ich das Permit gecancelt hab. Ja, in Nogales. Aber ich sei doch in Cancun eingereist, wo jetzt das Motorrad herkomme. SCHEIß COMPUTER, sie wissen ALLES.
Ich erklär es ihr und sie erinnert sich das ich das Permit bei ihr canceln lassen wollte. Ob in Nogales alles glatt gegangen sei, oder ob ich doch in die USA ausreisen mußte erkundigt sie sich. So recht scheint sie mir nicht zu trauen das ich mit dem gleichen Motorrad wieder in La Paz bin. Bevor sie mir das Permisio in die Hand drückt, schließt sie erstmal ihren Schalter und geht mit mir zum Motorrad um die Fahrgestellnummer zu kontrollieren. Bei keinem der Antragsteller vor mir hat sie wegen dieser Kontrolltätigkeit ihren hübschen Hintern aus dem Büro bewegt.

Bei der Fährgesellschaft geht die Sache ratz fatz. Als ich den Fahrzeugschein über den Tresen reich nur eine Frage ob ich das Permisio hab, dann werd ich auf den Kopf gestellt und geschüttelt damit auch der letzte Peso für die exorbitant teure Überfahrt aus meinen Taschen fällt. Als das geschehen ist, bekomm ich die Tickets in die Hand gedrückt und den Hinweis das eine Mahlzeit im Fährpreis enthalten ist. Na das muß dann ja mindestens ein 10-Gangmenü mit erlesensten Weinen sein.

Bis zum letzten Moment schieb ich die Packerei vor mich her. Hatte ich doch geahnt das es schwierig werden würde alles zu verstauen. Tatsächlich sind die Packtaschen gerammelt voll, doch so rechtzeitig am Motorrad das ich kurz nach 18 Uhr beim Zoll am Hafen steh. Die Zollabfertigung geht ruck zuck, nichtmal auf das Knöpfchen muß ich drücken und so kann ich mich gleich ziemlich weit vorn bei den Wartenden einreihen.
Dort steht der Lada eines jungen deutschen Päarchens. Ich laber sie an, aber sie sind nicht sehr kommunikativ. Immerhin erfahr ich das sie die Alaska-Feuerland Tour machen, schon drei Monate unterwegs sind und noch 5 Monate Zeit haben. Na, da müssen sie sich jetzt aber sputen.

Ein drahtiger, über und über tätowierter Ami – er stand schon heute morgen in der Schlange bei der Banjercito vor mir – quatscht mich an und will wissen was ich vor hab. Mir erzählt er dann, das er zwanzig Jahre für Honda Motocross-Rennen gefahren sei, seit einger Zeit aber genug davon hat ständig ein Krankenhaus von innen zu sehen. Deshalb hat er sich jetzt dem Surfen verschrieben und ist mit seinem bis unters Dach vollgestopften riesigen Van unterwegs nach Costa Rica, wo er sich für ein halbes Jahr ein Haus gemietet hat. Leider verrät er mir nicht wo das ist und auch das übliche „wenn Du in der Nähe bist, komm vorbei“ läßt er nicht fallen.
Wir unterhalten uns ca. eine halbe Stunde, dann setzt sich der Troß der Wartenden in Bewegung. Ich hab fast den Eindruck wir fahren die halbe Strecke nach Mazatlan über Land, denn bis zur Fähre ist es ganz schön weit.

Rückwärts an Bord

Obwohl doch einige Fahrzeuge, hauptsächlich LKW, auf die Fähre wollen, geht der Verlad doch recht schnell. Gegen dreiviertel acht stehen keine Autos mehr auf dem Kai, so daß eigentlich einem pünktlichen Ablegen nichts im Wege stehen sollte, doch weit gefehlt. Immer wieder rollen einzelne Nachzügler an und gegen halb neun sogar ein ganzes mexicanisches Harley-Chapter. Sind sicher fünfzehn bis 20 Moppeds. Kurz nach 21 Uhr werden die ersten Leinen gelöst, doch los geht es noch immer nicht, denn zuerst müssen noch die zwei aus der Dunkelheit herandonnernden, vollgepackten Enduros mit an Bord. Schlußendlich legt die Fähre mit anderthalb Stunden Verspätung ab.

Als ich zurück zu meinem Sitzplatz will, lauf ich Cedric in die Arme. Er ist ein junger französischer Surfer aus Lyon, dem ich schon in der Pension California begegnet bin. Er möchte die mexicanischen Surfstrände abklappern und ist dazu jetzt mit Rucksack und Surfbrett in öffentlichen Verkehrsmitteln (!) unterwegs.
Cedric bildet mit dem Mexicaner Armando eine kleine Rauchergruppe. Als Armando hört das ich Deutscher bin, ist er ganz aus dem Häuschen. Er war vor 6 Jahren ein halbes Jahr in Deutschland und ist restlos begeistert. Er wohnt in Mazatlan und will morgen Cedric im Taxi zu einem preiswerten Hotel in Strandnähe bringen. Ich soll dann einfach hinter dem Taxi herfahren, denn er wohnt in der Nähe vom Hondahändler und lotst mich da hin. Suzuki und Yamaha seien auch nicht weit weg. Prima, dann löst sich das Problem der Suche nach einem Motorradhändler doch recht einfach. Als ich von den beiden hör das es das Abendessen nur bis 22 Uhr gibt, verdüs ich auf der Stelle ins Restaurant.

Dort gibt es zwar kein 10-Gang Menü, aber Reis mit Pollo und Gemüse sind essbar. Danach geh ich in die Sitzplatzklasse, such mir eine freie Reihe, knall mich hin und bin kurze Zeit später eingeschlafen.

12.11. – 16.11.2010 Letzte Tage in La Paz

3 Kommentare zu „12.11. – 16.11.2010 Letzte Tage in La Paz

  • 2010-11-23 um 21:41 Uhr
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    Ich hoffe es wird noch mehr, von fürchten kann keine Rede sein. Ist ja fast so gut wie selbst dabei. Fast.

  • 2010-11-23 um 05:28 Uhr
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    Hi Fränzi,

    da hast Du ja ordentlich was zu lesen gehabt und ich fürchte es wird noch mehr …..

    Einen ganz lieben Gruß
    Ingolf

  • 2010-11-22 um 16:08 Uhr
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    Hey Ingolf Du Globetrotter

    War schön von Dir und Deinen Erlebnissen zu lesen!
    Geniess Deine Reise, lass es Dir gut gehen und pass auf Dich auf!

    Liebe Grüsse

    Fränzi

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