Bernd hilft mir beim Runtertragen des Gepäcks, das Mopped wird auf die Straße geschoben und alles verstaut, dann heißt es Abschied nehmen.
Es fällt mir nicht leicht diese Oase des Relaxen zu verlassen, aber wenn nicht heute, dann erst nach Neujahr und dann wär der Abschied sicher noch viel schwerer.
Zur Fahrt nach Oaxaca de Juárez hab ich mich für die kürzere, aber schlechtere und sehr kurvenreiche MEX 131 statt für die längere, aber besser ausgebaute Strecke der MEX 175 entschieden. War vielleicht ein Fehler, denn der Straßenzustand auf den ersten 120 km ist wirklich miserabel und die restlichen 110 km sind auch nicht wesentlich besser.








Kaum bin ich etwas von der Küste weg und schraub mich in die Höhe, hängen Wolken am Himmel und es wird zunehmend kälter. Da mein Schlaule wegen einer leeren Batterie seinen Dienst verweigert, bin ich heute in nahezu jeder Weise orientierungslos. Ich weis weder wieviel Uhr es ist, noch die Temperatur und auch nicht wie hoch ich bin. Zum Glück muß ich heute durch keine größere Stadt, denn sonst müßte ich sogar die Himmelsrichtung raten.
Kurz vor San Pedro Juchatengo fahr ich durch den die Berghänge hinauf ziehenden Nebel. Es ist richtig Schweinekalt. Deshalb verzichte ich auch auf den Abstecher nach Santiago Minas – dort soll sich eine sehenswerte Wallfahrtskirche befinden -, denn die abzweigende Straße führt bergauf geradezu in den Nebel hinein. Keine 10 km weiter ist der ganze Spuk vorbei. Die Wolken bleiben zurück und die Sonne knallt von einem strahlend blauen Himmel.
Oaxaca de Juárez liegt im Schnittpunkt dreier Täler, so daß die nun mit der MEX 175 vereinte MEX 171 die letzten Kilometer im Tal verläuft und der Kurvenrausch ein Ende hat. Viel von den Kurven hatte ich sowieso nicht, denn dazu war der Straßenzustand viel zu schlecht und hat den Reiseschnitt ganz schön nach unten gedrückt. Für die 234 km hab 6:45 Stunden gebraucht, ohne viel Pausen eingelegt zu haben.
In Oaxaca de Juárez fahr ich gleich Richtung Zentrum um vom Motorrad aus nach einem Hotel Ausschau zu halten, doch in dem herrschenden Verkehrsgewühl ist das ein fruchtloses Unterfangen. Deshalb wird das Motorrad geparkt und wohl oder übel die Füße bemüht. Ich hab Glück. Grad einen Block weiter ist ein Hotel wo ich im Innenhof parken kann und mit 150 Peso auch günstig. Nur WLAN hat es leider nicht.
Wie sich dann beim ersten abendlichen Stadtbummel rausstellt, hab ich unverdientes Glück mit dem Hotel. Es liegt nur vier Blocks weg vom Zocalo, drei Blocks vom städtischen Markt und ein Block weiter ist ein kleiner Supermarkt. Nur nach einem OXXO für meinen Frühstückskaffee such ich vergeblich und auch irgend etwas ähnliches Läßt sich nicht finden.
Als es Dunkel wird, wird es sofort sehr frisch. Die Einheimischen haben meistens Jacken an, ich hab keine dabei und mach mich daher ziemlich schnell auf den Weg ins Hotel. In der Nacht frier ich unter der dünnen Decke ganz erbärmlich, dabei liegt Oaxaca nur auf 1500 Meter Höhe. Morgen wird der Schlafsack ausgepackt.




Am nächsten Tag begeb ich mich auf die Suche nach einer Batterie, will meinen Vorrat an Blutdrucktabletten aufstocken und schau so nebenbei, ob ich nicht doch ein so preisgünstiges Hotel mit WLAN finde. Nix zu machen. Selbst die LonelyPlanet „Budgetunterkünfte“ sind durch die Bank teurer, liegen größtenteils ungünstiger und mein Mopped bekomm ich auch nirgends unter. Schade, in den Internetcafes hock ich nicht so gerne rum. Abends im Bett, das Netbook auf den Knien, ist es viel gemütlicher.
Auch mit den zwei anderen Tagesordnungspunkten erweist es sich schwieriger als erwartet. Bluthochdruck scheint in Mexico kein Thema zu sein, oder es ist eine Luxuskrankheit. Ich finde nur eine Apotheke die überhaupt Ramipril hat. 16 Tabletten a 10mg zu 359 Peso! Der absolute Preisoberhammer. Bei den Apotheken die „Similares“ verkaufen werd ich etwas häufiger fündig, aber hier haben die wenigen die es haben alle das Gleiche: 20 Tabletten a 5 mg zu 170 Peso und die „Similares“ sind von Sandoz. Auch nicht viel günstiger, aber ich hab ja keine große Wahl.
Fast noch schwieriger ist das Batterieproblem. Ich latsch mir die Haken wund bis ich den ersten Laden der (vielleicht) eine passende Knopfzelle hat finde. Doch die Nachprüfung scheitert am nicht vorhandenen Miniaturkreuzschlitzschraubendreher um mein Schlaule zu öffnen. Sowas hab ich inzwischen auch nicht mehr, deshalb verläuft meine Suche ab jetzt zweigleisig, Schraubendreher UND Batterie.
Erst am späten Abend bin ich mit beidem erfolgreich und mein Schlaule gibt wieder sein Wissen preis.
Immerhin hat die heutige Einkaufstour gleich zu einer sehr ausgedehnten Stadtbesichtigung geführt, bei der ich sehr viel gefunden hab was ich gar nicht gesucht hab und auch mit Reiseführer nie finden würde, da ich mich nur anfänglich schwerpunktmäßig auf das Zentrum konzentriert hab.


























17.12.2010 Monte Albán
Da es nicht sehr weit ist könnte ich eigentlich mit dem Motorrad selbst hinfahren, müßte dann aber die ganze Zeit in den Motorradklamotten und -stiefeln rumrennen, deshalb hab ich mir gestern den Luxus geleistet und eine Bustour zum Monte Albán gebucht. Um 9:30 Uhr gehts los und um 13 Uhr wieder zurück. 48 Peso kostet der je halbstündige Spaß den Berg rauf und runter. Der Eintrittspreis ist natürlich nicht enthalten.
Abfahrt ist vier Blocks entfernt und ich bin viel zu früh dort. Die Stadt erwacht so grade eben zum Leben, aber die Straßen sind natürlich schon verstopft. Trotzdem geht es mit nur zehnminütiger Verspätung und immerhin vier Fahrgästen los. Ich bin der einzige Tourist.














Monte Albán ist nicht sehr groß und hält nicht das was ich mir aufgrund der Berichte darüber versprochen habe. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass ich dieses Jahr mit der Anlage von Teotihuacán und den Ägyptischen Pyramiden wirklich sensationelle Bauwerke gesehen hab.
Die drei mir zur Besichtigung zur Verfügung stehenden Stunden brauch ich daher nicht und so fahr ich schon mit dem 12Uhrbus zurück. Diesmal sind es mehr Fahrgäste als bei der Hochfahrt, aber wiederum bin ich der einzige ausländische Tourist.
Bei meinem kurzen Spaziergang am Nachmittag zum Zócalo ist mir schon die außergewöhnlich starke Polizeipräsenz in der Innenstadt aufgefallen und am Abend weiß ich dann auch warum. Demonstranten haben einen Teil der Arkaden des alten Gouverneurspalast besetzt, Transparente aufgehängt und dahinter eine Zeltstadt aufgebaut. Dass ihnen das trotz des Polizeiaufgebotes gelungen ist, wird der Polizeiführung ganz schön stinken.






Auf einem Teil der Blumenrabatten im Zocalo wurde mit Plastikfiguren, Häuschen, Zelten usw. in vielen Einzelszenen die Weihnachtsgeschichte aufgebaut und mit unzähligen Lichtlein in Szene gesetzt. Der Andrang der Schaulustigen ist enorm. Clowns nutzen den Menschenauflauf um die Wartenden zu amüsieren und deren weihnachtliche Spendelaune.
Der heutige Samstag (18.12.2010) ist dem Museo de las Culturas de Oaxaca und dem Jardin Etnobotanico
vorbehalten. Das Museum ist im Dominikanerkloster neben der Iglesia de Santo Domingo untergebracht und der ehemalige Klostergarten wurde zum botanischen Garten umfunktioniert. Auf dem Weg dorthin muß ich durch die ganze Innenstadt und so gelang ich automatisch in das pralle Wochenendleben, denn da spät genug unterwegs bin haben schon alle Läden auf und auch die Straßenhändler präsentieren schon ihr Angebot.








Zunächst such ich erstmal den Eingang zum Museum bzw. botanischen Garten, denn natürlich ist nichts beschildert und wenn ich nicht wüßte das es da etwas zu besichtigen gibt, würd ich wohl was verpassen. Erfolglos wander ich ein gutes Stück die Klostermauer entlang, erhasch durch ein kleines Gittertor einen Blick in den botanischen Garten, doch hier kann kaum der Eingang sein, also zurück zur Iglesia de Santo Domingo de Guzmán. Dort ist inzwischen das Hochzeitsfieber ausgebrochen, denn mehrere Brautpaare und ihre Gäste warten darauf sich vor der Kirche ablichten zu lassen.




Der Eingang zum Museum versteckt sich hinter einer Seitentür der Kirche und nach etwas umherirren findet sich sogar das Treppenhaus durch das man hinauf muß. Das Museum ist einfach der Hammer. Nicht so sehr die ausgestellten Stücke (außer dem Schatz von Tumba 7), sondern das Gebäude selbst. Einfach irre was sich die Mönche da als Kloster hingestellt haben. Mehrere Innenhöfe, ewig lange Gänge, ein prächtiges Treppenhaus und „Mönchszellen“ die man kaum als bescheiden bezeichnen kann.
Eigentlich wollte ich nach dem Besuch des Museums an einer geführten Tour durch den Botanischen Garten teilnehmen – nur so darf man hinein -, aber da man von verschiedenen Fenstern und Terassen des Klosters einen hervorragenden Überblick hat, hab ich darauf verzichtet, zumal ich von den Erläuterungen auf Spanisch ohnehin nichts verstanden hätte.
Ich nehm Euch jetzt bildermäßig einfach auf meinen Streifzug durch das Museum mit.




Auf Monte Albán wurde 1932 ein Mixtekenschatz in Grab 7 gefunden, der jetzt hier im Museum ausgestellt ist. Obwohl ich davon nicht alles fotographiert und schon garnicht hier eingestellt hab, läßt sich sicher ermessen welche Kostbarkeiten da ans Tageslicht befördert wurden.












Der Schatz besteht aus Silber, Perlen, Türkis, Korallen, Jade, Bernstein, fein geschnitzten Knochen, Kristallkelchen und reichlich Gold, wobei die kleinen Anhänger besonders schön gearbeitet sind. Natürlich gibt es auch ein paar Tonfiguren und Töpferwaren aus Monte Albán zu sehen, aber der Schatz ist ohne Zweifel das Highlight des Museums.





















Etwas über zwei Stunden hab ich mich im Museum rumgetrieben und der Rückweg führt wieder über den Zocalo und damit auch zu weiteren Bildern.






Abendimpressionen:












Am Sonntag (19.12) geh ich erst zur Mittagszeit in die Stadt. Ich will mir im Cafe Brujula mein spätes Frühstück gönnen und außerdem dort das kostenlose WLAN nutzen.
Viel los ist in der Innenstadt noch nicht, nur Ordnungshüter der verschiedensten Polizeitruppen – Mexico hat eine verwirrende Vielfalt davon – sind in reichlicher Anzahl an den Zugängen zur Innenstadt und auch im Zentrum vertreten.








Die meisten Geschäfte sind geschlossen, auch Straßenhändler sind nur spärlich vertreten und auch das Cafe ist zu. Also trab ich wieder zurück ins Hotel und dreh erst im Zusammenhang mit meinem Abendeinkauf im Supermarkt eine kurze Runde um den Zocalo.
Gegenüber den sonstigen Abenden ist dort heute tote Hose, die Arkaden sind geräumt und ein Maler ist damit beschäftigt die auf die Mauern gesprühten Parolen zu überstreichen.
Heute (20.12) bin ich früh auf, denn ein Skypedate steht an und ich will den Morgen im Internetcafe auch dazu nutzen wieder ein paar Bilder hoch zu laden. Klappt alles bestens, denn die Verbindungsgeschwindigkeit ist recht hoch. Fast drei Stunden im Internet für 20 Peso, da kann selbst ich nicht motzen.
Danach wird das gestern ausgefallene Frühstück nach geholt. Auf dem Weg zum Cafe Brujula komm ich an der Post vorbei und versenk dort im Briefkasten die mühsam in der ganzen Stadt zusammengesuchten 17 Postkarten. Ob die rechtzeitig zu Weihnachten oder wenigstens Silvester in Deutschland ankommen ??
Im Cafe Brujula komm ich mit einem Pärchen deutscher Studenten, die hier ein Auslandsemester machen, ins Gespräch. Sie wollen nach Puerto Escondido etwas Strandurlaub machen und dann noch bis Mitte Januar im Land umher reisen. Was ich den empfehlen könnte? Das Gespräch wird etwas länger und als ich das Cafe verlasse, dämmert es bereits.







Mein Heimweg führt über den Zocalo, doch die Straße ist mit mannshohen, miteinander verbundenen Gittern abgesperrt, dahinter reichlich Sicherheitskräfte die niemanden hinein oder heraus lassen. Auch bei der nächsten und übernächsten Straße ist das so. Das Zentrum ist hermetisch abgeriegelt. Je weiter Richtung Süden ich meine Versuche starte, desto mehr Polizei steht hinter den Gittern. Ecke Colon/Bustamante steht ein großer Trupp Polizisten, Schild- und Schlagstockbewert, vor den Gittern.
Während ich überleg ob ich die Bustamante Richtung Hotel runter gehen soll, setzt sich die schwarze Horde im Laufschritt in Bewegung und rennt die Bustamante runter. Also geh ich gradaus die Colon weiter, doch ich komm nicht weit, sondern steh gleich in Tränengasschwaden und mach auf der Stelle kehrt. Also doch die Bustamente runter. Alle Läden haben die Rolladen runter gelassen und nur ab und zu ist darin eine Tür geöffnet.
Der Supermarkt an der Ecke vom nächsten Block hat nur einen von seinen Eingängen nicht verrammelt, aber auch dort steht ein Angestellter mit den Händen an dem halb herunter gelassenen Rolladen, um bei Stress auf der Straße auch hier sofort dicht zu machen.
Mein FVB und etwas zum Abendessen kann ich in Ruhe einkaufen. Was an diesem Nachmittag/Abend in der Stadt los gewesen ist bekomm ich aber nicht raus.