Es ist ziemlich frisch als ich morgens um 7:15 Uhr mein Gepäck und mich zum Bahnhof schleif. In Anbetracht der in Mexico zu erwartenden Temperaturen bin ich auch nur leicht angezogen, aber der Frühsport macht gleich warm.
Die Bahnfahrt verläuft ohne Probleme, lediglich beim Umsteigen in Mannheim hat der Anschlusszug 10 Minuten Verspätung, aber besser so als umgekehrt und ich hab ja reichlich Zeitpuffer. Den brauch ich aber überhaupt nicht, denn Einchecken und Sicherheitscheck gehen wesentlich schneller als im Januar und diesmal gibt es den zweiten Sicherheitscheck nicht mehr.
Beim Boarding erleb ich eine Überraschung. Nachdem ich der Dame am Kontrollterminal mein Ticket in die Hand gedrückt habe dauert es eine Weile bis meine Daten auf dem Bildschirm erscheinen. Dann frägt sie mich ob ich Ingolf Fischer heiße und nachdem ich bejahe, gratuliert sie mir. Condor hat mir ein kostenloses Ticketupgrade auf die Premiumklasse geschenkt! Ich flieg zum ersten – und wahrscheinlich auch letztem – Mal erster Klasse im Flugzeug.

Die Eintrittskarte zum Luxus

Mein Platz ist neben einer sehr gut aussehenden, aber der Wohlstandsgruppe entsprechend aufgepeppten Slawin (Russin, Polin, Tschechin etc., keine Ahnung, kann die Slawischen Sprachen nicht entsprechend zuordnen). Sie spricht und versteht zwar Deutsch, macht mir aber gleich deutlich das sie diese Sprache nicht mag. In Ordnung, dann schweigen wir uns halt 11 Stunden lang an und so wird es dann auch.
Da einige Passagiere nicht zum Boarding erschienen sind, wird schlussendlich deren Gepäck wieder ausgeladen und so starten wir mit einer Stunde Verspätung. Fliegen in der ersten klasse hat schon was. Mehr als reichlich Platz für Füße und Hintern, ein Glas Sekt als Willkommenstrunk (abgelehnt) und ständig scharwenzeln Flugbegleiter rum die nach (Getränke-)Wünschen fragen. Mein Getränkewunsche beschränken sich während des gesamten Fluges auf Mineralwasser. Insofern ist bei mir der Ticketupgrade „Perlen vor die Säue geworfen“, oder haben die gewusst das ich keinen Bock darauf hab mir auf Kosten des Hauses die Kante zu geben?
Kaum ist die Reiseflughöhe erreicht, geht die Stewardess durch und verteilt unter die weiblichen Reisenden je nach Lesewunsch, aber ganz Rollenkonform, Frauenzeitschriften (Gala und so’n Zeug), danach dürfen die männlichen Passagiere unter Focus, Spiegel, Stern etc. wählen. Ich laß mir einen Spiegel reichen und vertief mich in die Lektüre. Irgendwann wird mit dem Servieren des 5-Gangmenüs begonnen. Die beiden Vorspeisesalate sind ok, den von mir gewählten Hauptgang – Gänsebrust mit Knödel und Rotkraut – hab ich schon besser gegessen, Käse lass ich aus, dem Dessert kann ich aber nicht widerstehen.

Die Essensprozedur dauert eine ganze Weile und ist nicht die schlechteste Art sich die lange Flugzeit zu vertreiben. Danach beginnt das Filmprogramm, ich vertief mich wieder in den Spiegel. So ganz allmählich beginnt um mich rum alles zu schlafen und auch mich muß dieses Bedürfnis irgendwann übermannt haben. Plötzlich werde ich geweckt und als ich erschrocken die Augen aufschlage, sehe ich in das Gesicht des über mich gebeugten Stewards, der mich frägt ob ich etwas zu trinken möchte. NEIN! War wohl seinerseits eine höfliche Art mich von der vollständigen Zersägung des Flugzeugs ab zu halten.

Als wir in Cancun landen, trifft mich nicht das erwartete Waschküchenklima. Mit 30°C ist es zwar recht warm, aber ansonsten recht angenehm. Da es wohl der einzige um diese Zeit gelandete Flieger ist, gehen Pass- und Zollabfertigung recht schnell über die Bühne. Aber das ist auch mein Pech, denn als ich beim Zoll das Knöpfchen drücken muss leuchtet die rote Lampe, d.h. Gepäckkontrolle. Wegen des geringen Ansturms haben die Zöllner Zeit und sind gründlich. Rucksack und Packrolle werden komplett ausgepackt und dabei wird der Schwarzwälder Schinken den ich dabei hab gefunden. Natürlich nehme ich es nicht so leicht hin den Schinken als Fleisch zu bezeichnen und ihn damit dem Importverbot zu unterwerfen. Alles Argumentieren hilft nicht. Auf der Gegenseite kommen immer mehr Zöllner zusammen und damit wird ein Auge zudrücken unmöglich. Mein Angebot ihn zusammen mit den Zöllnern auf zu essen wird entsetzt abgewiesen, stattdessen wird der Schinken konfisziert und in den Mülleimer geworfen. Idioten!

Mit dem Bus nach Cancun und mit dem Gepäck zum Hotel getrabt, alles kein Problem, denn man kennt sich ja aus. Nach dem Zimmerbezug runter in die Bar, ein Bier und ein paar Mails nach Hause, dann falle ich todmüde auf den Rücken. Es ist 22 Uhr, in Deutschland hätt ich – bis auf das kurze Nickerchen im Flugzeug – bis um 5 Uhr durchgemacht.
Den nächsten Tag vergammel ich hauptsächlich im Hotel und kämpf mit dem Timelag, denn aufgewacht bin ich schon um 4 Uhr. Diesem Kampf fällt schon eines der mitgenommenen Bücher zum Opfer.

Den Wecker den ich auf 6:30 Uhr gestellt hab brauch ich gar nicht, denn ich bin schon deutlich früher wach. Noch ein schnelles Frühstück im Hotel, dann lauf ich zum Busbahnhof. Als ich aus dem Hotel trete ist alles nass und es nieselt. Unterwegs wird aus diesem Nieseln ein immer stärkerer Regen. Klatsch naß komm ich beim Busbahnhof an. Seltsam, Yucatan gilt als extrem Regenarm, nur nicht wenn ich da bin …..
Ca. 10 Minuten nach meiner Ankunft fährt der Bus schon ab, der CheckIn und der Sicherheitscheck gehen erstaunlich schnell über die Bühne, so daß ich jetzt weit über eine Stunde Zeit hab bis zum Abflug. Da hätte ich mir für das Frühstück doch mehr Zeit nehmen können.
Bei beiden Flügen hatte ich zwar einen Fensterplatz, aber von der Landschaft war leider nicht viel zu sehen, denn es viel zu bewölkt oder diesig. Der Landeanflug über Mexico City ist aber immer wieder ein Erlebnis. Was für ein Moloch von Stadt ! Sieht aber von oben ganz phantastisch aus.

Die Zollabfertigung in La Paz (bei einem Inlandsflug !! Die spinnen die Mexicaner) ließ mich unbehelligt durch, aber da der Flug eh deutliche Verspätung hatte war es tatsächlich sinnlos noch zum RV-Park zu fahren um das Mopped wach zu küssen. Flughafenbusse gibt es in La Paz nicht und so haben die speziell lizenzierten Flughafentaxis die Erlaubnis zum Gelddrucken. 300 Peso kostet die Fahrt in die acht Kilometer entfernte Stadt, selbst das Collectivo ist mit 175 Peso immer noch sauteuer. Um 19 Uhr war ich in der Pension California (wie erwartet wieder sehr laut, aber mit gutem WLAN), dann Geld aus dem Automaten ziehen – jetzt verlangt auch die bisher kostenlose Banamex dafür eine Gebühr von 27,50 Peso – und anschließend einen mexicanschen Burger essen gehen. Um 21 Uhr falle ich ins Bett, bin schon wieder hundemüde.

Um halb neun bin ich beim RV-Park. Nach zähen Verhandlungen mit dem Taxifahrer hatte ich 100 Peso mit ihm ausgemacht, jetzt will er hundertfünfzig weil der Weg doch weiter gewesen sei. Nichts da, den Trick kennen wir.
Mein Name steht schon auf der Tafel der heutigen Fahrzeugabholer, mit dem ausgehändigten Schlüssel zur Box A-34, dort das Tageslicht reinlassen und ich glaub mich tritt ein Pferd. Motorrad, Helm, Gepäck und Motorradklamotten alles mit einer dicken Feinsandschicht bedeckt.

Eingestaubt

Erstmal zurück ins Büro und einen Besen besorgen. Natürlich weiß ich weder das englische noch das spanische Wort dafür, aber Karl, der gerade eingetroffene neue Besitzer des RV-Parks, sagt ich soll es halt auf Deutsch sagen. Karl und seine Frau sind Deutsch-Kanadier und so gibt es keine Verständigungsprobleme.
Motorrad aus der Box und erstmal alles wenigstens grob entstauben. Die Reifen sind erwartungsgemäß platt, aber als ich die Zündung einschalte erleb ich eine böse Überraschung. Es tut sich absolut nichts. Nichtmal ein glimmen der Kontrolleuchten ist zu erkennen. Also schieb ich die vollbepackte Karre mit platten Reifen durch den Sand und Schotter zum „Serviceplatz“ des RV-Parks. Vom Personal hilft niemand und so bin ich bei doch schon 28 Grad und ohne kräftigendes Frühstück schon am frühen morgen ziemlich fertig und schweißgebadet.

Zum Batterieladen (!) gestrippte Kawa

Das Motorrad muß komlett gestript werden um die Batterie ausbauen zu können. Also Gepäck und Packtaschen runter, Seitenteile und Sitzbank ab, dann die Batterie raus. Das Teil ist furztrocken !!
Natürlich haben sie im RV-Park kein destilliertes Wasser, wo es welches gibt – Apotheke, Tankstelle etc. – totales Rätselraten. Mädchen für Alles ruft einen Bekannten an, bei der Tankstelle lautet die Auskunft. Die nächste ist an der Schnellstraße nach La Paz und dann links. Wie weit ? Höchstens 1 km. Also heißt es raus in die Hitze und auf die Socken machen. Nach etwa hundert Metern seh ich die Tankstelle tatsächlich und kann auch eine Abkürzung über eine staubige Seitenstraße nehmen. Bei recht starkem Verkehr rüber über die vierspurige Schnellstraße zur Tankstelle. Dort gibt es natürlich kein Aqua dest. Jetzt ist guter Rat teuer. Auf der anderen Straßenseite sind in lockerer Bebauung einige Anwesen zu erspähen die sowas wie Werkstätten sein könnten. Also wieder über die Straße und in die entsprechende Richtung losgetrabt. Aber halt, wieder zurück. Da ist ja eine Ferreteria (Eisenwarenladen) und ich kann und muß ja überall mein Glück versuchen. Ich habe !! Für 13 Peso gibt es einen halben Liter demineralisiertes Wasser für Autobatterien. Überglücklich schieß ich los. Doch unterwegs kommen Zweifel auf. Wird ein halber Liter reichen ? Also zurück einen weiteren Halben einsacken, dann nochmal über die Straße zum OXXO, dort 1,5 L Wasser kaufen und gleich einen erheblichen Teil davon in mich reingießen. Zurück im RV-Park mit Hilfe eines der Angestellten das Wasser in die Batterie tröpfeln (es braucht keinen halben Liter), dann etwas warten und schließlich das Ganze an das Ladegerät.
Nach etwa einer Stunde hol ich mir das im Büro rumliegende Multimeter und mess die Batteriespannung. Nichtmal drei Volt. Die Batterie ist hinüber. Der zufällig grad anwesende Vorbesitzer des RV-Parks mißt nach und bestätigt meine Diagnose. Dann erklärt er Karl und mir das das hier üblich ist. Die Batterien trocknen während der Standzeit aus, selbst die Wartungsfreien, und trotz regelmäßigem Nachfüllen würde in dem Klima kaum eine Batterie älter als drei Jahre.
Dann kommt von ihm der Tipp ich solle zu QuakerState fahren, die hätten sicher eine passende Batterie und falls nicht, dann Honda in der gleichen Straße, aber QuakerState sei auf jeden Fall preiswerter.
Mir wird ein Taxi gerufen, empfohlen den Fahrer für die Rückfahrt warten zu lassen, denn das koste nichts und hin und zurück liegt das Ganze dann bei 200 Peso.
Das Taxi ist tatsächlich nach wenigen Minuten da, doch unterwegs stellt sich raus, er weiß nicht wo QuakerState ist. Da ich weiß wo Honda ist und QuakerState ganz in der Nähe sein soll, kann ich ihn dirigieren. Aber prompt fahren wir dran vorbei, wenden, rein ins Geschäft und der Taxifahrer hinterher. Es ist kaum zu Glauben, ein Wunder geschieht (liegt sicher daran das ich erst kürzlich mehrere Tage in Lourdes war). Bei QuakerState gibt es die passende Batterie für schlappe 690 Peso.
Zurück im RV-Park wird die Säure eingefüllt, eine Stunde gewartet, dann das Ladegerät drangehängt und wieder gewartet. Zum Glück kann das Alles im Schatten eines Daches stattfinden. Trotzdem tummeln sich da freundliche 32 Grad. Aber ich kann derweil in einem Schaukelstuhl sitzen und den Ausblick auf den RV-Park genießen.

RV-Parkpanorama

Die Wartezeit verkürz ich mir ab und zu durch Messen der Batteriespannung, Reifen mit dem nötigen Luftdruck versehen und Kontrolle von Ölstand und Kette. Nur den Luftfilter vergess ich. Aber da ich Zwecks späterer Tiefenreinigung die Seitenteile eh nicht montiere, kann ich das immer noch nachholen.

Gegen 15 Uhr bau ich die neue Batterie ein und drück auf’s Knöpfchen. Der Anlasser orgelt los, aber der Motor macht keine Anstalten Lebenszeichen von sich zu geben. Eine gute Viertelstunde dauert das Spielchen – natürlich mit Erholungspausen für den Anlasser und wieder angeschlossenem Ladegerät zur Stärkung und Unterstützung der Batterie – bis das lang nicht gehörte Bollern aus dem Auspuff der KLR ertönt.
Schnell alles zusammengepackt und kurz nach halb vier fahr ich vom Hof.
An das seltsame Fahrverhalten und die geringe Bremsleistung wegen dem extrem stoppeligen Geländereifen auf dem Vorderrad muß ich mich erst wieder gewöhnen. Gerade die geringe Bremsleistung ist gefährlich, denn ich bin geistig noch nicht in Mexico und schon garnicht im mexicanischen Straßenverkehr angekommen und werd von den abrupten Bremsmanövern mancher Autofahrer vor den Topes doch manchmal etwas unliebsam überrascht ….

Tiefenreinigung

Doch ich komm unbeschadet in die Stadt und finde auch die Autolavado die sich schon im Frühjahr um die Reinigung der KLR bemühen durfte. Die KLR wird wiedererkannt und statt nur wie von mir gewünscht abgespritzt zu werden, wird sie liebevoll und gründlich tiefgereinigt.
Gegen halb fünf stell ich die KLR im Innenhof der Pension California ab, schleif das ganze Gepäck ins Zimmer, stell mich unter die Dusche und dann geht’s zum nächsten OXXO um mir den ersten Kaffee des Tages zu genehmigen. Mit Einkaufen, Futter fassen und Interneten geht dann um ca. 21 Uhr der Tag zu Ende. An den Timelag hab ich mich noch immer nicht gewöhnt.

Die nächsten Tage werd ich mein ganzes Gepäck neu ordnen und verstauen, mich servicemässig noch etwas um das Mopped kümmern und eventuell einen neuen Hinterreifen kaufen. Heute hab ich hier in der Pension zwei junge kanadische Motorradfahrer getroffen die mir einen Händler nennen konnten der noch einen der raren 17 Zoll Hinterreifen hat. Ist zwar aus chinesischer Produktion, sieht aber aus wie der Nachbau eines Heidenau K70 und ist ähnlich preiswert. Leider konnte der Honda XL Fahrer noch nichts über das Fahrverhalten sagen, denn der Reifen wurde erst heute montiert und jetzt hocken die Zwei auf der Fähre nach Mazatlan. Aber immerhin konnte ich den Reifen schon mal betrachten und befühlen. Jetzt bin ich am Hirnen, kaufen, doch einen Bridgestone bestellen, oder mich erst in Mazatlan um einen Reifen kümmern … ich bin also die nächsten Tage ausreichend beschäftigt ;-), ebenso muss ich mir erstmal über den weiteren Reiseverlauf klar werden. Wieder ins Rollen kommen ist gar nicht so einfach.

Sodele, das war die „Kurzfassung“ der letzten Tage, wobei ich an dem Kurz sicher noch etwas üben muss. Bis demnächst und schönen Gruß an alle die Daheim bleiben müssen oder wollen.

08.11. – 12.11.2010 Aller Anfang ist schwer

2 Kommentare zu „08.11. – 12.11.2010 Aller Anfang ist schwer

  • 2010-11-19 um 19:38 Uhr
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    Sera Ingolf,

    Du bisch schon wieder ne ganze Woche im Verzug! Die arbeitende Bevölkerung will schließlich unterhalten sein. (-;

  • 2010-11-14 um 11:04 Uhr
    Permalink

    Hoi Ingolf,

    vielleicht hast Du Dich erstmal ein paar Tage an den Strand und überlegst was noch kommen sollte. A propos Strand. Wir im schönen Markgräflerland haben heute blauen Himmel und 19°C.

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