In der Nacht war ich wohl einigermaßen Fieberfrei, fühl mich fit genug um auf’s Motorrad zu klettern und außerdem muss ich raus aus dieser Kälte. Also ist heute der Tag um San Cristobal den Rücken zu kehren und mich auf den Weg nach Palenque zu machen.
Es sind nur knapp über 200 km und so brauch ich nicht in aller Herrgottsfrühe los, sondern kann warten bis es etwas wärmer geworden ist und starte daher erst gegen 11 Uhr.

Bergdorf
Erste ‚Wärmepflanzen‘
Immer noch recht hoch
Immer noch recht hoch

Knapp hundert Kilometer hab ich abgespult, da stehen am Straßenrand zwei „Travellermotorräder“ mit deutschen Nummernschildern. Natürlich steig ich gleich in die Eisen und halt an. Nach kurzem Gespräch stellen wir fest, wir kennen uns, zumindest über einen kurzen Kontakt via Motorradkarawane. Es sind Simone und Frank die auf dem Weg nach Südamerika sind. Aufgrund ihrer Kreuz- und Quertour durch Mexico hätten wir uns schon viel früher mal treffen müssen, denn sie waren auch in einigen der Städte die ich auch angefahren hab, aber bisher war ich Schnecke wohl doch immer einen Tick zu schnell.
Sie wollen heute auch nach Palenque und so beschließen wir gemeinsam weiter zu fahren. Da wir einige Zeit verquatscht haben, wird es Zeit auf zu brechen. An Toniná, Agua Azul und Misol-Ha fahren wir vorbei, denn zumindest die Wasserfälle wollen wir im Rahmen eines Tagesausflugs von Palenque aus anfahren.

Frank fährt voraus, den Schluß mach ich. Ist schon merkwürdig wieder in einer (Klein-)Gruppe zu fahren und sich der vollkommen anderen Fahrweise an zu passen. Gegen halb fünf laufen wir auf dem Campingplatz Maya Bell ein. Der Campingplatz liegt nur 400 m vom Ausgang der archäologischen Zone entfernt, hat ein Restaurant, Swimmingpool, Cabanas, Palapas und – meist nicht funktionierendes – WLAN.

Campingplatz-Restaurant
Palapas für’s Zelt oder die Hängematte
Die Zelte stehen
Bambusbüschel

Da die Campingwiese zu feucht ist, richten wir uns auf den Stellplätzen für Wohnmobile ein. Diese haben zudem den Vorteil einigermaßen Eben zu sein, sowie Wasser und Strom in unmittelbarer Nähe zu haben.
Nachdem das Zelt steht, fährt Frank fort um Bier zu besorgen. Als er mit dem kalten Getränk zurück kommt, stoßen wir gleich auf diesen und die nächsten Tage an. Der gemütliche Teil des Abends beginnt. Als ich in den Schlafsack klettere dringen kurze Zeit später seltsame Geräusche an mein Ohr. Sollten das die Laute der berühmt, berüchtigten Brüllaffen sein? Aber die Lauterzeuger sind zu weit weg um das eindeutig zu bestimmen und während des Versuchs die Geräusche zu identifizieren schlaf ich ein.

Am nächsten Morgen (30.12.) klettern Simone & Frank lange vor mir aus ihrem Zelt und sind mit ihrem Frühstück schon fertig bis ich aufsteh. Aber ich bekomm von ihnen noch heißes Wasser für meinen Kaffee. Von den merkwürdigen Geräuschen in der Nacht haben sie nichts mitbekommen.
Die Beiden verschwinden dann ziemlich schnell zu den Maya-Ruinen, ich schieb mein Mopped in den Schatten und beginn es für die notwendigen Servicearbeiten zu strippen.

Die Nachbarn Maya und Hans aus Luzern

Kette muß gespannt werden, dem Elektrikwurm der Bordsteckdose ist auf den Grund zu gehen und so einige Kleinigkeiten mehr. Doch die Servicearbeiten ziehen sich hin, denn Maya, unsere Schweizer Nachbarin hat Waschtag und so schwätzen wir halt die meiste Zeit wie die Waschweiber.

Maya & Hans waren mit ihrem Wohnmobil schon in Fernost längere Zeit unterwegs, jetzt, schon seit  über zweieinhalb Jahren, sind sie auf dem Weg von Kanada nach Argentinien. Ein Jahr waren sie in Puerto Vallarta – sie haben ein Rentnervisa für Mexico – denn da ist eine der Töchter mit einem Mexicaner verheiratet.
In Palenque sind sie schon seit zwei Wochen und werden noch den ganzen Januar bleiben, weil sie im Juni in Costa Rica (!) ein Familientreffen haben und sie dort so ankommen möchten, daß sie die gesamte Visadauer für das Treffen nutzen können. Da sie beide Renter sind – Hans ist schon fast siebzig -, und die Wohnung in der Schweiz eh nur noch als Briefkasten besteht, haben sie alle Zeit der Welt.
Maya erzählt viel und gern. Sie hat aber auch viel zu erzählen, denn als Ausreißerin die ihren Mann auf der Reeperbahn kennengelernt hat – Hans ist auch Schweizer und war Seemann (!) -, hat sie ein bewegtes Leben hinter sich. So garnicht „bünzlihaft“ wie man das von ihren Landsleuten sonst eher  erwartet. Es macht richtig Spaß sich mit ihr zu unterhalten.

Irgendwann am frühen Nachmittag ist mein Motorrad wieder fahrbereit zusammen geschraubt und Simone & Frank von den Ruinas zurück. Es gibt einen Kaffee, dann fahr ich in die Stadt um mir neue Winkel für meine Werkzeugbox machen zu lassen – inzwischen sind beide durchvibriert und das Teil hängt nur noch an den sicherheitshalber angebrachten Kabelbindern – und zum Einkaufen. Vor allem die Biervorräte für den heutigen Abend müßen dringend aufgestockt werden.

Hans konnte mir den Weg zu einer Schlosserei beschreiben, die find ich auch, der Schlosser läßt alles stehen und liegen und macht mir für 50 Peso zwei solide Metallwinkel. Allerdings hat er als einzigen Bohrer nur einen kurzen Stummel eines 6mm Bohrers. Für zwei der vier benötigten Löcher reicht das ja, die beiden anderen müßen 8 mm sein. Als er dann versucht aus zwei 6mm Löchern 8 mm zu machen, ist er dabei seine ganze Arbeit zu vermurksen und ich schreit ein indem ich seine Arbeit als bendet erkläre. Dann mach ich mich auf die Suche nach einer Wekstatt mit 8mm Bohrer. Es dauert eine Weile bis ich eine finde, aber die verhunzten Löcher werden mir kostenlos auf den richtigen Durchmesser gebracht. Dann noch Einkaufen und zurück auf den Campingplatz. Da es schon weit nach 16 Uhr ist, brauch ich die 25 Peso Eintritt in den Park Arqueologica, in des Bereich der Campingplatz liegt, nicht mehr zu bezahlen.

Brüllaffe

Auf dem Campingplatz herrscht ein irrer Lärm. Die Brüllaffen bevölkern die Bäume bei den Palapas und „unterhalten“ sich. Wenn man diese seltsamen Laute Nachts bei Vollmond in nächster Nähe zum erstenmal hört, könnte man als furchtsame Person schon Panik bekommen. Dabei sind diese Affen recht klein. So ein Gebrüll würde man eher einem Gorilla zutrauen.

Der Rest des Tages verläuft wie gestern. Simone & Frank kochen sich was, ich geh ins Restaurant zum Essen und danach hocken wir gemütlich vor den Zelten bei einigen Bierchen zusammen und verquatschen den Abend.

Silvester beginnen wir mit einem Tagesausflug zu den Wasserfällen Agua Azul & Misol-Ha. Eigentlich wollten wir auch noch die Ruinen von Tonina besuchen, aber da bei Simone’s Transalp unterwegs die Vorderbremse ausfällt, verzichten wir auf diese zusätzlichen Kilometer.

Bremsreperatur auf freier Strecke …
… selbst hier gibt es Straßenverkäufer
Flußlandschaft
Agua Azul
– dito. –
– dito. –
Simone und Frank

Cataratas de Agua Azul ist ein richtiger Freizeitpark. Strahlend weiße Wasserfälle donnern in türkisfarbene Becken in denen zum Teil gebadet werden kann und wird (Simone war), Pichnickplätze, Restaurants und Artesaniastände säumen den Weg entlang der Fälle. Da immer noch Ferienzeit ist, herrscht auch ein reger Betrieb, ist aber nicht störend.
Von Agua Azul gehts wieder zurück Richtung Palenque, aber 16 km vorher machen wir noch einen Abstecher nach Misol-Ha. Aus 35 Metern Höhe fällt hier das Wasser in ein großes Becken, in dem ebenfalls gebadet werden kann. Hinter dem Wasserfall kann man durchlaufen, wird allerdings von der Gischt durchnäßt und kommt dann zu einer Höhle, die auf einer geführten Tour besichtigt werden kann. Wir verzichten darauf.

Misol-Ha
Schwimmbecken
Touri hinter dem Wasserfall
Die ganze Pracht
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Tolkien läßt grüßen

Es ist schon später Nachmittag als wir zurück in Palenque sind. Die Kradvagabunden fahren erst mal ihre Wäsche aus der Wäscherei abholen, ich in den Supermarkt. Dort treffen wir uns wieder. Ist reichlich viel los in dem Laden, Brötchen gibt es heute nicht, dafür kann ich mir einen gebratenen Flattermann für das Abendessen in den Einkaufswagen legen. Bier selbstverständlich auch.

Gemeinsam fahren wir zum Campingplatz zurück und stoßen um 17 Uhr Ortszeit auf das Neue Jahr in Deutschland an. Kurze Zeit später rattern zwei Motorräder auf den Platz und bauen sich neben uns auf. Die „professionellen Abenteurer“ – so steht’s auf den von ihnen verteilten Visitenkarten –  Dachary und Kay aus den Staaten leisten uns Gesellschaft.

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Die professionellen Abenteurer Dachary und Kay

Dachary hat erst im Mai den Führerschein gemacht und jetzt will sie mit Kay in drei Monaten nach Argentinien runter. Ehrgeizige Jugend. Von Argentinien wollen sie heimfliegen und die Motorräder per Seefracht zurück schicken.
Spanisch können sie nicht und die Seefracht ist auch noch nicht organisiert. Das trägt vor Ort sicher massiv zu ihrer Ausbildung als professionelle Abenteurer bei. Wir amüsieren uns auf jeden Fall köstlich mit den Beiden.

Gegen 22 Uhr verkriechen sich die Abenteurer in ihr Zelt, denn sie wollen möglichst früh zu den Ruinen und von dort aus gleich weiter. Ja, in drei Monaten nach Argentinien macht den Zeitplan eng.

Simone, Frank und ich bleiben noch bis 1 Uhr beisammen hocken, köpfen das Schwarzwälder Kirschwasser was eigentlich zum Schinken gehörte und wanken dann leicht alkoholisiert in die Zelte. Von Silvester hat man wenig mitbekommen, denn auf dem Zeltplatz ist es relativ ruhig. Auch im Restaurant scheint keine Party gewesen zu sein. Lediglich die Brüllaffen geben ihr Bestes. Sie scheinen sich auf den Bäumen am Rand des Platzes richtig wohl zu fühlen.

Neujahr! Und es beginnt gleich gut. Hans & Maya kommen mit der Nachricht das das WLAN jetzt funktioniert. Also das Netbook geschnappt und ab in’s Restaurant. Tatsächlich, man kommt ins Internet. Auch Frank & Simone unterbrechen erstmal ihre Packtätigkeit und hängen sich ins Netz, denn das Zelt muß eh erst noch trocknen. Gegen 11 Uhr verabschieden sie sich dann und fahren davon. Die paar Tage zusammen mit ihnen waren prima. War schön sie kennengelernt zu haben.

Eigentlich wollte ich ja morgen Früh zu den Ruinen, aber da das Internet ja zum ersten Mal funktioniert hat, hab ich in der Hoffnung das das Morgen auch der Fall ist, ein Skypedate angesetzt. So geh ich halt schon jetzt am Nachmittag, auch wenn die Temperaturen und die zu erwartenden Besuchermassen eigentlich dagegen sprechen. Um zwei geh ich los und vergeß prompt den Übersichtsplan den mir Simone geschenkt hat. Na ja, ich werd schon alles finden, auch wenn ich vielleicht ein paar eigentlich unnötige Meter mehr lauf.

Rein geh ich beim eigentlichen Ausgang der Anlage, aber da gibt es auch Eintrittskarten und ich muß nicht in der Sonne die Straße lang, sondern komm gleich in den Schatten, allerdings geht es viele Stufen rauf …..

Auch hier gibt es Wasserfälle
Kalkterassen
Tempolo: de las Inscripciones, XIII, de la Calavera
El Palacio
im Palacio
… Innenhof
Tempolo de la Cruz

Den Besucherhorden kann ich zwar nicht entkommen, aber es ist nicht so schlimm wie befürchtet. Sie drängen sich halt auf jedes Bild, aber so bekommt man wenigstens einen Eindruck von den Größenverhältnissen.

So wie mir die Ruinen von verschiedenen beschrieben wurden, hätte ich mir das Ganze etwas mystischer vorgestellt. Aber vielleicht bin ich ja tatsächlich zu spät unterwegs, denn vom Morgennebel gibt’s so spät am Nachmittag natürlich keine Spur mehr.
Wirklich beeindruckend ist der Palast. Mal nicht nur nur tonnenweise aufeinander gehäufte Steine, sondern zwei Stockwerke mit Gängen und Treppen, dann noch die Hallen und der Turm oben drauf. In dem Teil kann man so richtig rumstreifen und rumklettern.

Auf dem selben Weg wie ich gekommen bin geh ich zurück. Die Treppen runter ist viel weniger anstrengend als rauf.

Der Abend ohne Gesprächsrunde zum Feierabendverdientbier ist richtig langweilig. Da muß ich mich erst wieder dran gewöhnen. Deshalb krabbel ich auch ziemlich bald in den Schlafsack und schnapp mir eines der mit Maya getauschten Bücher. Gut wieder neuen Lesestoff zu haben.

Den Sonntag (02.01.) verbring ich von 10 bis 15 Uhr im Restaurant mit meinem Netbook, dann ist das Internet weg. Schon vorher war die Verbindungsgeschwindigkeit immer mehr in die Knie gegangen. So verbring ich halt den Rest das Tages mit Aufräum- und Vorbereitungsarbeiten für die morgige Weiterreise, sowie mit Gesprächen mit Hans & Maya. Früh in die Schlafsackfedern geht es auch wieder.

03.01. Die für heute geplante Abfahrt fällt buchstäblich ins Wasser. Die ganze Nacht hat es geregnet und im Zelt ist alles was direkt auf dem Zeltboden lag klatschnaß, der Rest zumindest gut feucht.
Zum Glück hatte ich gestern schon alles was ich nicht mehr brauchte in den Packtaschen verstaut. Aber nassen Schlafsack, Therm-a-Rest und Zelt will ich nicht einpacken, ebensowenig in durchfeuchtete Motorradklamotten klettern. Also heist es auf trockene Zeiten warten, denn es regnet noch immer. Um diese Jahreszeit soll es in Palenque ja höchsten zwei Tage hintereinander regnen. Tröstlich.

Ich rette mich unter das Dach des Restaurants, das Internet funktioniert so leidlich, denn ich bin ja heute nicht der einzige Nutzer der die Zeit totschlägt.
Gegen 10 Uhr öffnet der Himmel alle Schleusen und zeigt was für Wassermassen so ein tropischer Regen runterhauen kann. Wozu hab ich eigentlich vor wenigen Tagen Wasserfälle besichtigt?
Nach knapp vier Stunden ist der Spuk vorbei und die Sonne wagt durch ein paar blaue Flecken am Himmel zu blinzeln. Nix wie raus aus dem Zelt mit dem nassen/feuchten Zeug zum Trocknen.
Bevor es dämmert muss alles vor dem Abendtau wieder im Zelt in Sicherheit gebracht werden. Trocken ist der Schlafsack zwar noch nicht, aber wenigstens nur noch am Fußende leicht feucht.

Es dämmert schon, da tuckern zwei Motorräder auf den Platz. Eine *spuck* BMW R 1200 GS und eine Vierzylinder Suzi. Zwei Amis aus Chicago sind die Fahrer. Ein kurzes Gespräch mit ihnen nachdem sie ihre Zelte aufgebaut haben, dann hüpfen sie auf die Motorräder und fahren in die Stadt. Als sie wiederkommen lieg ich schon längst im Schlafsack und versuch den Lärm der Brüllaffen zu ignorieren.

29.12.2010 – 03.01.2011 Palenque oder unter Affen

4 Kommentare zu „29.12.2010 – 03.01.2011 Palenque oder unter Affen

  • 2011-01-22 um 19:01 Uhr
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    Ich sehe du vertrittst mich beim B*W bashing recht gut, weiter so 😉

  • 2011-01-16 um 15:16 Uhr
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    Hi Ingolf, deine Bilder werden immer besser, hätte auch Lust drauf unter dem Wasserfall zu sitzen.
    Grüsse aus der südwestlichsten ecke Deutschlands

  • 2011-01-15 um 21:42 Uhr
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    > Der Baum hat ja die elends Dornen.
    Wahrscheinlich brüllen sie deshalb so.

  • 2011-01-13 um 18:41 Uhr
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    Das sind eindeutig Fakir-Brüllaffen. Der Baum hat ja die elends Dornen.

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