Heute steht ein Stadtbummel durch Granada an. Eine der Hauptsehenswürdigkeiten Nicaraguas und auch Weltkulturerbe. Gestern Abend bin ich ja schon etwas im Zentrum rumgestiefelt, deshalb geht es heute erstmal via Plaza Richtung Peripherie, auch in der Absicht eventuell eine etwas preiswertere Bleibe mit WLAN zu finden.
Diese Hoffnung wird allerdings enttäuscht, denn die preiswerteren Unterkünfte die ich finde sind durchweg typische Backpackerabsteigen und haben zumeist nur Dorms.
Nach dem Gang zum südwestlichen Stadtrand geh ich quer durch’s Zentrum zum Lago de Nicaragua am östlichen Stadtrand.
Kurz hinter der Fußgängerzone hört die Stadt praktisch auf, bis zum See sind es dann noch ca. 200 Meter und von Uferpromenade, Ausflugslokalen etc. am Seeufer keine Spur. Lediglich in der Nähe des Fährterminals ist ein großes, heruntergekommenes Gebäude mit Hotel und Restaurant, dem aber nur schwer anzusehen ist ob es noch in Betrieb ist.
Meine neugierige Nachforschung ergibt, das Hotel nicht, das Restaurant verkauft lediglich ein paar Erfrischungsgetränke. Bis hierher kommen Touristen wohl seltener.
Abseits von der Touristenzone, beim Abendessen in einem eher von Einheimischen frequentierten Lokal, lern ich Timothy kennen. Als er erfährt das ich eventuell bis Panama will, sagt er mir, das er Panama wie seine Westentasche kennt, denn er lebt dort seit acht Jahren und versorgt die abseits gelegenen Dorfschulen mit Büchern in Spanisch, damit die Kinder (und Erwachsenen) dort etwas zum Lesen haben. Vom Staat Panama hält er nicht viel. In den ‚zivilisierteren‘ Regionen seien die Menschen korrupt, geldgeil und kriminell. Touristisch interessante Regionen gebe es nur wenige und diese lägen zudem so weit auseinander, daß man zwangsläufig durch das ganze Land – damit auch durch Panama Stadt – müße.
Wir gehen in sein Hotel, damit er mir auf der Landkarte zeigen kann wo etwas interessantes ist und er mir aufschreiben kann wo ich dort preiswert übernachte.
Um zu seinem Hotel zu kommen müßen wir durch die jetzt am Abend nur mit wenigen Funzeln beleuchtete, vollständig mit Buden überbaute Marktstraße. Die Buden sind alle abgeräumt, in den dunklen Ecken hausen jetzt die Ärmsten der Armen. Ein etwas gespenstisches Szenario.
Das unmittelbar dahinter befindliche Hotel ist sehr gepflegt und wirkt recht edel, ist aber deutlich preiswerter als meines. Bei der Lage wundert mich das allerdings nicht.
Sich mit Timothy zu unterhalten ist mehr als nur interessant. Seit 18 Jahren ist er eine Einmannhilfsorganisation, organisiert spanische Bücher und verteilt diese an die abgelegensten Dorfschulen in den lateinamerikanischen Ländern. Momentan hat er seinen Einsatzschwerpunkt in Panama, war aber auch schon in Boliven und Peru unterwegs. Er meint, wenn man in dieser Welt etwas verändern und verbessern möchte, muß man bei den Kindern anfangen, denn die Erwachsenen seien dafür eh schon verloren. In Granada ist er jetzt deshalb, weil am Wochenende hier eine Buchmesse stattfindet und er hofft, dass ihm etliche der Austeller ihre Austellungsexemplare, bzw. unverkäufliche Altauflagen überlassen. Blöderweise find ich zum Zeitpunkt des Berichtschreibens den Zettel mit der Adresse seiner Webseite, über die man ihn sponsoren könnte, nicht mehr.
Aber hier ist ein Artikel über ihn und seine Arbeit: http://www.guadalajarareporter.com/features-mainmenu-95/908-features/1002-tim-deppe-planting-the-seed-of-learning.html
Er erzählt mir auch viel über Panama, aber er unterstützt damit auch meine schon bestehenden Zweifel Panama zum Zweck der ‚Abrundung‘ von Mittelamerika auch noch zu bereisen. Zurück in meinem Hotel beschließe ich daher vor dem Einschlafen nur bis Costa Rica zu fahren.