24.03.2010 Mittwoch

Es ist halb zehn als mein Mopped abfahrbereit vor dem Hotel steht. Andre ist noch nicht aufgetaucht. Schade, ich wollte mich von ihm noch verabschieden und ihn mit seinem vollgepackten Drahtesel noch fotografieren. Auf ihn warten ? Nein, denn ich will/muß ja endlich Strecke machen.
Durch Morelia durch und auf die richtige Straße nach Salamanca zu finden ist recht einfach. Das Verkehrsaufkommen ist recht gering, der Belag gut und es geht durch eine hügelige Landschaft mit recht viel, teilweise auch sehr großen Seen. Sehr tief scheinen die aber nicht zu sein, denn die wenigen Boote die ich sehe werden durch staken durch das Wasser bewegt.
Es geht gut voran, auch durch die wenigen Ortschaften durch die ich komme, lediglich der bedeckte Himmel macht mir etwas Sorgen.

Mitten in der Pampa komm ich wieder an einem „Outlet“ vorbei. Doch diesmal sind es keine Metallwaren, sondern kilometerlang Klamotten. Der Andrang ist groß. Kein Wunder bei den Preisen. Jeans für 80 bis 120 Peso. Dabei soll doch Herstellung und Transport bis Deutschland schon 10 Euro (momentan knapp über 160 Peso) kosten.

Zwischen Morelia und Salamanca
Salamanca Richtung Silao

Nach Salamanca wird die Straße vierspurig und geht praktisch schnurgerade durch eine Ebene. Der Himmel gewinnt so ganz allmählich sein Blau zurück und es wird warm. Das stört bei der Fahrt die ich mache überhaupt nicht, denn ich will ja nicht bummeln sondern Strecke machen.

So dachte ich zumindest bis ich das am Horizont auftauchen sah:

Da muß ich rauf !
Das Ziel rückt näher

Mit dem guten Vorsatz war’s vorbei und ich begab mich ab von der Schnellstraße, rein in die Pampa und den Weg auf den Hügel suchen. Der war in Form einer gepflasterten Strasse recht schnell gefunden, denn ich kam dem Ziel meiner Begierde doch deutlich näher.
Kurz vor dem Dorf begann die Strasse steil zu steigen, die Kirche lud auch zu einem Besuch ein, doch ich hatte nur eines im Sinn, Höhe gewinnen.

Schon schön über der Ebene
Es geht doch deutlich bergauf
Pflasterstrasse mit eingebauten Spurrillen
Monumental

Auf dem Pflaster fuhr sich wie auf Schotter, lediglich mit dem kleinen Unterschied das die Steine an der Stelle liegen blieben. Unterwegs überholte ich etliche Autos die im Schneckentempo den Berg hoch hoppelten. Wahrscheinlich hatten die alle Angst um ihre Plomben in den Zähnen.

Sieht aus wie eine Festung, ist aber ..
.. eine Oase für die Seele

Drei Reisebusse und 26 Autos – ich hab sie gezählt – stehen auf dem Parkplatz und die Insassen haben
sicher auf der Hochfahrt schon für ihre Sünden gebüßt. Jetzt stehen sie in der unteren heiligen Halle vor einer herausgeputzten Puppe in einem Glaskasten und füttern den Schrein mit Geldscheinen.
Der Glaube ist in Mexico immer noch sehr wichtig und alle möglichen kirchlichen Strömungen leben wohl gut davon, denn dieses Bauwerk war sicher nicht billig.

Die Aussicht von hier oben ist phantastisch. 700 Meter über dem Tal, auf einer Höhe von 2400 MM.

Südost
Nordwest
Nordost
20 m hohe Christusstatue
Beten unter der Dornenkrone
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Der Blick in die Landschaft gibt klar vor das ich meine Fahrtrichtung für den Rest des Tages ändern muß. Nach Norden muß ich eh, die MEX 110 gibt Nordost vor, dann die MEX 51 Nordwest, paßt. Kurz vor Guanajuato komm ich dann auch in die Berge. Guanajuato liegt eingequetscht zwischen den Bergen, ist eine alte Silberstadt, von Straßentunneln durchbohrt (einer liegt im alten Flußbett eines umgeleiteten Flusses) und sicher auch einen, mindestens eintägigen Aufenthalt wert, aber ich will/muß ja Strecke machen.

Guanajuato
Alhondiga de Granaditas
Guanajuato und Panoramastraße
Blick zurück
Blick zurück

Nicht mal Zeit führ die Panoramstraße rund um Guanajuato bleibt, denn wenn ich das mache kann ich wirklich hier übernachten und wozu mich meine Neugier dann treibt weis ich nur zu gut.

Die Strecke von Guanajuato nach Dolores Hidalgo entschädigt dann für Alles. Fünfzig Kilometer Straße
und Landschaft bekommen von mir fünf Michelinsterne und noch zehn Extrapunkte dazu. Ich liefere mir die ganze Zeit ein Rennen mit einem einheimischen Autofahrer der die Strecke wohl sehr gut kennt und beherzt auf’s Gaspedal tritt. Wenn ich mir Blicke in die Landschaft gönne, muß ich mich ganz schön lange sputen bis ich wieder das Heck sehe.

Etwa 10 Kilometer vor Dolores Hidalgo hört der Spaß auf, den die Berge gehen in eine Ebene über und die Straße wird schnurgerade. Mit bis zu hundertfünfzig pfeifen wir darüber und so ist das Etappenziel für heute auch schnell erreicht.

In Dolores Hidalgo hat, ähnlich wie dazumal Luther seine Thesen in Wittenberg an die Kirchentür genagelt hat, der Pfarrer Miguel Hidalgo vor oder in der Kirche zur Revolution gegen Spanien aufgerufen und damit den ersten (verlorenen) Freiheitskrieg angezettelt. Die Stadt ist daher ein für das mexicanische Selbstbewußtsein wichtiger historischer Ort, hat viele Hotels, allerdings kaum preiswerte. Ich finde eine Unterkunft für 250 Peso, das Zimmer ist allerdings sehr eng und muß das Mopped über Nacht auf der Straße vor dem Hotel lassen. Der Weg zur nächsten Autopension ist einfach zu umständlich, denn in der ganzen Innenstadt sind die Straßen aufgerissen und werden gepflastert. Möglicherweise ein Herausputzen zu Feier der hundertjährigen Unabhängigkeit. Aus diesem Anlass sind auch an allen Straßen Routa 2010 Schilder aufgestellt worden. Besser wäre es gewesen man hätte die Gelegenheit genutzt die Straßen mit Wegweisern zu versehen.

Innenhof des Rathauses
Der halbglatzige Herr ist Hidalgo
Auf der Treppe oder drin ist umstritten
Steine des kolionalen Aufstandes
Hübsches Haus mit Artesanialaden
Abendliche Speisestätte

Wie üblich unternehm ich einen abendlichen Streifzug durch die Stadt, lande letztendlich in einem sehr schön und liebevoll dekoriertem Restaurant (schade das das Bild davon so unscharf ist), genieße ein gutes Abendessen und das Feierabend verdient Bier.
Als ich zum Hotel zurück komme steht das Mopped immer noch vor der Tür, aber ich leg mich mit einem sehr unguten Gefühl schlafen.

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25.03.2010 Donnerstag

Das ungute Gefühl hat mich nicht davon abgehalten wie ein Stein zu schlafen und das war auch gut so, denn das Motorrad steht immer noch vor der Tür und kann beladen werden. Kurz nach halb zehn verlaß ich Dolores Hidalgo. Vorher hab ich sogar noch einen Laden gefunden in dem ich Motoröl bekam und eine halben Liter davon in die Kawa gekippt. Es ist schon der zweite Liter den ich gekauft hab. Mit knapp über 11.000 km Gesamtlaufleistung sollte ein Motor noch keinen derartigen Öldurst haben. Aber egal, die Kiste läuft und ich muß mir halt angewöhnen öfter den Ölstand zu kontrollieren.

Mit meiner Richtungsänderung gestern hatte ich ja gehofft heute bei der Fahrt nach Nordwest durch die Berge zu kommen, doch leider Fehlanzeige. Ich fahr über eine recht trockene Ebene, die Berge zeigen sich nur weit entfernt links und rechts der Straße.

Zwischen Dolores Hidalgo ..
.. und Jalisco

Meist schnurgerade pfeif ich durch die Landschaft. Kurven werden schon lange vorher angekündigt und die wenigen Hügel die zu überwinden sind zwingen die Straße auch nicht zu einem Kurvenrausch. Ortschaften und damit Topes gibt es nicht sehr viele, das ist gut zum Stecke machen.
Langweilig ist die Fahrt trotzdem nicht, denn die Landschaft verändert sich, langsam zwar, aber so das ich es trotzdem wie in einem Breitwandfilm mit bekomme. Das Profil der Bergketten am Rand der Ebene verändert sich und die Büsche und Bäume werden allmählich von seltsamen „Staubwedeln“ verdrängt.

Die Vegetation verändert sich
Staubwedel

Zwischen Jalisco und Pinos geht es dann tatsächlich über mehr als fünfzig Kilometer stur geradeaus, aber stetig leich bergauf. Unterbrochen wird die flotte Fahrt nur durch ein Dorf mit vier Topes.
In Pinos wollte ich eigentlich eine Pause einlegen und mir einen Kaffee gönnen, aber das Städtchen liegt an einem Berghang und die Straße führt nur an dem nicht sehr einladenden Stadtrand vorbei. Extra ins Zentrum zu fahren würde meinen Vorwärtsdrang zu stark bremsen, also laß ich’s. Kurz hinter dem Ort ist eine große PEMEX-Station mit Oxo und „Express Auto Lavagio“. Prima, da kann ich mein Mopped geschwind mit dem Hochdruckreiniger vom gröbsten Dreck befreien und mir anschließend im Oxo einen Kaffee gönnen.

Als ich mein Mopped in einer der Waschboxen geparkt hab und grad versuch die Sprühlanze zur Arbeit zu überreden, kommen drei junge Mexicaner, die sich in der Nachbarbox an einem PickUp verkünsteln, und machen mir klar das die Anlage nicht funktioniert. Kein Strom. Komisch, der Oxo und die Tankstelle haben Strom. Also rein in den Oxo und einen Kaffee geordert. Während ich noch am Schlürfen bin, kommt einer der Jungen und sagt mir das die Waschanlage wieder funktioniert. Also nach dem Kaffee das Mopped nochmal in die Waschanlage gefahren. Aber nix mit selber kurz den Dreck abspritzen und dann weiter, die drei Jungs sind die Waschmanschaft und stürzen sich zu Dritt auf das Mopped. Ich muß ihren Eifer massiv einbremsen, sonst hätten sie wohlmöglich noch dem Motor eine Innenreinigung verpaßt. Mit 25 Peso und jedem 5 Peso Trinkgeld bin ich an dieser Reinigungsorgie beteiligt.

Gugelhupf, Gauß
So stell ich mir amerikanische Highways vor

Zwischen Jalisco und Zapatecas ändert sich an der Möglichkeit ordentlich Strecke zu machen überhaupt nichts. Die Berge links der Fahrbahn nahmen manchmal die von einem Gugelhupf oder von Gaußschen Normalverteilungen ein, aber ansonsten änderte sich an der Landschaft bis Guadelupe nicht viel. Auf den letzten 10 Kilometern zwischen Guadelupe und Zacatecas war ich aber ganz plötzlich zwischen Bergen und die historische Altstadt von Zacatecas ist derart eingezwängt, das die Straßen nach links und rechts immer nur steil bergauf führten. Dies, und das scheinbar unvermeidliche Einbahnstrassensystem haben mir die Suche nach einer Bleibe nicht grad einfach gemacht. Nach einigen Irrfahrten wurd ich dann doch fündig und konnte sogar mein Mopped im allgemeinen Aufenthaltsraum neben dem Fernseher parken. Die geschäftstüchtige Besitzerin nahm mir aber auch neben 260 Peso für das Bett für zwei Tage auch 40 Peso für das Parken des Moppeds ab.

17. Strecke machen