26.03.2010 Freitag

Vor dem üblichen Streifzug durch die Stadt gestern Abend bin ich erstmal auf die Dachterrasse und hab mir einen Überblick verschafft.

Dachterrasse und Küche
Blick auf die Altstadt

Das große Gebäude im Vordergrund ist ein Museum für moderne Kunst. So direkt vor der Haustür wollte ich mir statt dauernd alte Steine zu besichtigten auch diese mal anschauen, aber irgendwie war ich dann doch immer mit etwas anderem beschäftigt.

Der erste Stadtbummel führte zur Plaza, brachte aber nichts besonders Interessantes zum Vorschein, außer das diese komplett bestuhlt und zwei Tribünen aufgebaut waren. Wird also am Wochenende wohl was geboten.
Die Kathedrale soll das ultimative Beispiel für mexicanischen Barock sein, ist innen und außen eigentlich im Wesentlichen schlicht, lediglich Hauptfassade und Türme sind übermässig mit Steinmetzarbeiten verziert. Ziemlich häßlich das Ganze finde ich.

Hauptfassade
Einer der Türme

Recht viele kleine Gassen gibt es und die Ruine eines alten Klosters, in der ebenfalls ein Museeum untergebracht ist. Das wird morgen dein erstes Ziel – also doch wieder alte Steine – hab ich gestern Abend beschlossen, bevor ich mich in einem netten Restaurant für das Abhören der Matratze gestärkt hab.

Eine der vielen kleinen Gassen
Convento de San Francisco
Hier stillte ich öfter meinen Hunger
Schwebeseilbahn

Das Frühstück nahm ich in der Küche ein, denn auf der Dachterasse war es einfach noch zu frisch. Kein Wunder, denn Zacatecas liegt auch auf 2400 Metern. Immerhin konnte ich mir zu den trockenen Backwaren einen Kaffee machen und den strahlend blauen Himmel genießen und den Fahrten der Schwebeseilbahn, die quer über die Stadt zum Gipfel des Cerro de la Bufa führen, zuschauen.
Dann ging es zum Convento. Das Museeum beherbergt Skizzen von Diego Rivera, Skizzen und Bilder von Rafael Coronel, Volkskunst, Puppen, Töpferwaren und Figuren aus vorkolonialer Zeit. Alles von Coronel gesammelt.

Geschichte des Klosters
Kleiner Park vor dem Convento
Modell der Ruine
Wieder Aufgebaut

Im Teil links neben der Kirche sind die Skizzen und Gemälde von Rafael Coronel. Bis auf zwei Bilder für mich nicht sehr Aufschlußreich.

Chaplin
Wird der Kirche nicht sehr gefallen
Eingangsbereich

Nach dieser Kunst streifte ich erstmal Abseits der Wegweisung durch die Ruine und stieß dann im Klosterhof auf eine Aufführung von Bambi durch Kindergartenkinder. Die waren mit absolutem Ernst und Eifer bei der Sache und ihre Kostüme müssen den Näherinnen ganz schön viel Arbeit gemacht haben.

Stützbogenreste
Farbenfrohe Kostüme

Danach ging es zum absoluten Highlight des Museeums. Einer Ausstellung von ca. 3000 Masken die bei traditionellen Tänzen und Ritualen getragen werden. Alle konnte ich beim besten Willen nicht photographieren, aber zwei, drei Bilder hab ich davon schon gemacht.

Herkunftsgebiete
Olmeken?
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Möcht ich gern mal Live sehen
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Eine überwältigende Menge

Alle Gänge hingen voll mit Masken. Dabei ist nur ein kleiner Teil der Sammlung ausgestellt. Weitere 7000 sollen noch eingelagert sein. Aber die Ruine bietet ja noch genug Möglichkeiten zusätzliche Räume zurück zu gewinnen. Muß ja nur wieder ein bißchen weiter aufgebaut werden.

Auch die bei den Tänzen und Riten verwendeten Musikinstrumente haben so ihre Verzierungen und Eigenheiten und sind natürlich auch zu sehen.

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Die Marionetten und Puppen waren mit ihrer prächtigen Kleidung und den zum Teil sehr ausdrucksstarken Gesichtern zwar schön anzusehen, aber in so einem dunklen Raum untergebracht, das davon keine Fotos gemacht werden konnten. Dafür von dem was auf diesen Webseiten schon mehrfach zu sehen war, mich wegen ihrer Vielfalt aber immer wieder fasziniert: die Kunstwerke der alten Indiokulturen.

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Der Aufenthalt in dem Museum und das Rumstromern durch die Ruinen hat eine ganz schöne Weile gedauer und so war es schon Spätnachmittag, d.h. so gegen 15 Uhr, als ich wieder im Hostal ankam.
Hab mein Netbook geschnapt und mich in die Küche auf dem Dach zurück gezogen – im Zimmer gab’s keine Steckdose und im Aufenthaltsraum war es viel zu kalt – um meine Bilder zu sichten und wieder etwas Text in die Tastatur zu klopfen.

Kaum hatte ich alles arbeitsbereit aufgebaut, kam ein junger Mexicaner mit einem Karton Bier die Treppe hochgeschnauft und fing an damit den Kühlschrank zu füllen. Ich frug, ob er eine Fiesta machen will. Ja, gleich kommen seine Freunde und dann wollen sie den Beginn der Osterferien feiern. Wenn ich möchte, sei ich herzlich dazu eingeladen. Was blieb mir da Anderes übrig als meinen ganzen Kram wieder einzupacken, mich für die Einladung zu bedanken und sie an zu nehmen. Ich glaub ich hatte es schon mal erwähnt, ich hasse dieses Land …

Danielo, so hieß der Gastgeber, gehört irgendwie zum Besitzerclan des Hostels und nutzt dessen Infrastruktur für seine Fete. Er arbeitet an der Uni im juristischen Seminar, ist irgendwie für die Organisation des Praxisteils der Ausbildung zuständig und kann perfekt Englisch.
Er erzählt mir, dass heute in Mexico die zweiwöchigen Osterferien beginnen und jetzt auch in Zacatecas bis zum 9. April jeden Tag in der Stadt was los ist und Abends kostenlose Konzerte stattfinden, u.a. würde nächste Woche auch Chick Corea auftreten. Ich glaub ich hatte es schon mal erwähnt, …
Seine Freunde die nachher kommen sind fast alles Kollegen von der Uni und der Doktor würde seine Guitare mitbringen, dann würde auch etwas Musik gemacht und gesungen. Na, hoffentlich fordern sie mich nicht auf etwas Deutsches zum Besten zu geben war da mein erster Gedanke.
Dann meinte er, er müsse sich beeilen das Essen und weitere Getränke hoch zu bringen, denn seine Freunde kämen gleich. Mein Angebot ihm dabei zu helfen lehnte er rundweg ab.

Die Freunde tröpfelten dann auch bald kurz nacheinander ein. Zuerst kam der Doktor mit seiner Frau und einer niegelnagelneuen Guitare. Hat er sich extra machen lassen erklärte er mir stolz. Bis alle Gäste da waren versuchte seine Frau mir in einem Crashkurs Spanisch bei zu bringen, aber leider vergebens.

Dann saßen wir auf der Dachterrasse, es wurde gesmalltaked, Bier, Tequila, Whiskey und anderes getrunken und schließlich zum Essen in die Küche gebeten. Es gab gefüllte Paprika, fritierten Fisch, in Öl ausgebackenes Toastbrot mit einem süß/scharfen Belag, Salat, Reis und diverse Soßen. Bis auf das Toastbrot alles sehr lecker.

Fröhliche Runde beim Futter fassen

Danach versammelten wir uns wieder auf der Dachterasse, Doktor (auf dem Photo rechts, im karierten Hemd) griff zur Guitare und bald wurde gesungen. Einige der Lieder kamen mir verdammt bekannt vor. Zwischenzeitlich trudelten dann noch ein paar Nachzügler ein, wurden mit Essen und Trinken versorgt und setzten sich dann dazu. Einer dieser Nachzügler verhielt sich etwas seltsam. Saß immer etwas abseits, sagte die ganze Zeit kein Wort, tankte sich aber kräftig voll und verabschiedete sich dann vor der Zeit schwankend vom Gastgeber.

Auch einer der anderen Gäste war dem Tequila sehr zugeneigt. Er war innerhalb kürzester Zeit stockbetrunken, tauchte von Zeit zu Zeit aus seiner Dämmerung auf und sang dann kräftig mit, oder versuchte mit seiner neben ihn sitzenden Frau zu schmusen. Die aber ignorierte ihn total.
Als es dunkel wurde schlief er dann auf seinem Stuhl im Sitzen ein, bekam vom Feuerwerk welches Sema Santa und die Kulturtage eröffnete, sowie dem Aufbruch der Gäste gegen 21 Uhr überhaupt nichts mit. Seine Frau lies ihn einfach da sitzen. Sicher wäre die Feier noch eine ganze Weile weiter gegangen, aber es war inzwischen derart kühl geworden, das trotz der längst angezogen Jacken alle fröstelten.

Ich half Danielo und seiner Freundin noch beim Aufräumen, dann schnappte sich Danielo seinen betrunkenen Freund und schaffte ihn ein Stockwerk tiefer in eines der Gästezimmer.
Insgesamt ein schöner Nachmittag und Abend. Ich hatte auch genug Bier in mir um der Verlockung des Bettes nicht lange wiederstehen zu können.

27.03.2010 Samstag

Nachdem sich der morgendliche Lärm im Hostal gelegt hat bin ich nochmal eingeschlafen und hab mich dann mit großem Energieaufwand um 10 Uhr selbst aus dem Bett getrieben. Den für heute vorgesehenen Abreisetag verschieb ich erstmal auf Montag, deshalb zunächst runter zur Rezeption und nochmal um zwei Nächte verlängern. Diesmal ist die Tochter des Hauses da und die verlangt keine Parkgebühr. Wie ich später mitbekomm haben Mutter und Tochter deswegen eine heftige Auseinandersetzung, doch die Parkgebühr wird nicht nachgefordert.

Ich pack meinen ganzen Kram und verzieh mich hoch in die Küche. Erst mal Kaffee, Frühstücken und dann das nachholen was ich gestern wegen der Fiesta versäumt hab. Als ich schon geraume Weile mit der Tastatur beschäftigt bin, kommt ein älterer Mexicaner und frägt mich ob es mich stört wenn er auf der Dachterasse etwas übt. Aber nein, ich nehm die Ohrhörer ab und stope mein Musikprogramm. Jetzt werd ich live mit Musik auf einer Querflöte unterhalten und das nichtmal schlecht.

Gegen 16 Uhr geh ich runter in den immer saukalten Aufenthaltsraum – kein Wunder das sich von den Gästen da nie jemand aufhält -, log mich in das schwache WLAN ein und schieb alles ins Netz was ich heute so gemacht hab. Als ich mich so um 18:30 Uhr in die Stadt aufmach, ist ein reger Fußgängerstrom mit mir in die gleiche Richtung unterwegs.

Als ich an den Tribünen vorbeikomme, sind diese heute mit Planen verhängt, auf denen das Kulturprogramm auf der Hauptbühne angekündigt ist. Es treibt mir fast die Tränen in die Augen. Da müßt ich doch glatt bis zum 9. April bleiben. Wenn das so weiter geht komm ich ja nie auf die Baja California, also fest bleiben. Am Montag wird abgereist.

Tribühnenabdeckung
Konzertprogramm
Konzertprogramm
Konzertprogramm

Auf dem kleinen Platz neben der Kathedrale tanzt eine Gruppe in Tracht – aber ohne Masken – zu Trommelklängen. Leider wird es schon dunkel, so das die Photoausbeute gering ist.

Trachtengruppe
dito.

Ähnlich wie in Morelia laufen auch hier junge Leute in historischen Kostümen rum und Straßenmusikanten versuchen die Aufmerksamkeit der reichlich vorbeiströmenden Massen zu erringen.

Kostümträger
Der einzige echte Mexicaner
Strassenmusikanten
Reichlich viel los

Auf der Hauptbühne hat inzwischen das Programm begonnen. Allerdings tritt nicht die angekündigte Lila Downs auf, sondern eine Sängerin mit großer Begleitband (insgesamt 13 Personen zähle ich), wohl aus Afrika, die mich etwas an Miriam Makebah erinnert. Die Programmänderung tut der Begeisterung des Publikums keinen Abbruch. Tribünen und Innenraum sind brechend voll. Nur dank meiner Größe und weil der Vordermann seinen Kopf zur Seite neigt hab ich weitgehend freien Blick zur Bühne und kann durch diese Lücke mit der Kamera ein Video aufnehmen.

Ein schräg neben mir auf einer Treppenstufe stehender Mexicaner bietet mir seinen Platz zum filmen an. Ich lehne dankend ab, denn ich seh genug und er würde dann nur auf Köpfe schauen. Er frägt mich ob ich Amerikaner bin, ich verneine und sag ich stamm aus Alemania. Da gerät er schier aus dem Häuschen und redet wie ein Wilder auf seine vor ihm auf der Tribüne sitzende Frau ein. Mit Freiburg kann er zwar nichts anfangen, aber Stuttgart sagt ihm was und von Köln ist er geradezu begeistert. Hat mal einen Fernsehbericht darüber gesehen, ist ein Fan des deutschen Fußballs und seither Fan der Kölner. Schließlich wird mir unter Mithilfe aller Umstehenden klar gemacht, das mich mein Gesprächspartner für Montag zu sich nach Hause zum Essen einlädt. Schweren Herzens lehne ich ab. So eine Einladung werd ich so schnell nicht wieder erhalten, aber wenn ich am Montag noch hier bleib, dann müßt ich doch glatt am Dienstag Chick Corea & Gary Burton mitnehmen, America und Yes hab ich auch noch nicht gesehen, das andere Programm klingt auch sehr interessant …. NEIN !! Dieses Land treibt mich noch in den Wahnsinn.

28.03.2010 Sonntag

Bis zum Nachmittag verläuft der Tag wie gestern. Aber heute gehe ich schon um 15 Uhr in die Stadt und das hat sich gelohnt.
Vor und neben der Kirche werden symbolische Palmwedel geflochten und verkauft, auf der Hauptbühne – auf der anderen Seite der Kirche – wird lautstark die PA-Anlage eingepegelt, überall sind Verkaufsstände aufgebaut, es herscht eine angenehm trublige Atmosphäre und ich laß mich kreuz und quer durch dieses Gewusel treiben.

Palmsonntag
Taschenverkäufer
Kunsthandwerk
Relaxtes Rumhängen
Hutsammlung
Süßigkeiten
Früh übt sich
Alles für den richtigen Mann
Ehemalige Markthalle
Gelderwerb

Neben der Hauptbühne waren in der Stadt noch zwei weitere Bühnen aufgebaut, auf denen vom Kabarettisten, Sologitaristen, Streichquartett bis zu Nachwuchsjazzern ein buntes Programm geboten wurde. Man konnte garnicht überall gleichzeitig sein, denn an jeder Ecke war irgend etwas los.

Bühne neben der Markthalle
Nachwuchsrocker

Bei meinem Stadtbummel kam ich auch am Heimatmuseeum vorbei und da ich schon mal da war …

Farbenfrohes Kunstwerk
Trachteneinzelteile
Weiteres Kunstwerk
Da wär meine Schwester sicher gern dabei
Live wär schöner
So hab ich den traditionellen Hausbau leider noch nicht gesehen
Patchwork

Viel gab es in dem Museeum nicht zu sehen und so war ich schon bald wieder auf der Straße unterwegs.

Du machst mir keine Angst
Megaphone gab’s damals auch schon ?
Endlich mal bei Tageslicht auf’s Bild

Der Tag verging wie im Flug und gegen Abend legte der Trubel in der Stadt nochmal einen ordentlichen Zahn zu.

Hatten wir die nicht schon einmal ..
.. oder waren es die ??
Es wird eng in den Straßen
CD-Promoter
Rhythmus

Zusammen mit der Dunkelheit kam ein eiskalter Wind auf, der die Temperatur von warmen 28 Grad am Nachmittag am Abend recht schnell um zehn Grad fallen ließ. Wahrscheinlich lag es an dieser Kälte das heute Abend so viele Plätze bei der Hauptbühne frei blieben, denn die Begeisterung des Publikums war ungebrochen, obwohl mir die Musik nicht sonderlich gefiel. So machte ich mich schon um halb zehn auf den Rückweg Richtung Bett.

18. Zacatecas